Valentinstag

Letzte Dinge regeln: Richard Ford schickt in „Valentinstag“ seine Lieblingsfigur samt Sohn auf die Straße

74 Jahre alt ist Frank Bascombe in seinem fünften Romanauftritt. Und seit der US-Autor Richard Ford ihn 1986 zum ersten Mal auf die Welt losließ, ist viel passiert. Was sich seither nicht geändert hat: Der ehemalige Sportjournalist und Immobilienmakler ist ein kühner Beobachter der Lage des Landes, ein gnadenloser Kritiker von Alltagsgeschmacklosigkeiten und ein begnadeter Analyst der kleinen Dinge. Wie in allen vorhergehenden Büchern sind es wieder die Tage vor einem Feiertag, in denen die hier eigentlich vorliegende Nichthandlung spielt. Unabhängigkeitstag, Weihnachten, Ostern sind abgefrühstückt. Jetzt ist der Valentinstag dran und bildet als nichtigster Termin einen harten Kontrast zum Anlass des vielleicht letzten Bascombe-Romans: Denn dessen 47-jähriger Sohn Paul steht nach seiner jüngsten Diagnose der degenerativen Nervenkrankheit ALS kurz vor dem Ende seines Lebens und macht sich mit seinem Vater nach einem letzten Versuch für eine experimentelle Therapie auf einen Roadtrip zum Mount Rushmore. Richard Fords „Valentinstag“ ist ein Roman über letzte Dinge – die Rückschau eines Vaters, der bereits eine Ehefrau und schon mal einen Sohn verloren hat und jetzt auf das halb gelungene Leben seines verbliebenen Sprosses Pauls zurückblickt und Sinn aus dem Ganzen zu gewinnen versucht. Auf diesem letzten Vater- Sohn Trip passiert zwar nicht viel. Es wird aber umso mehr vom Ich-Erzähler verhandelt. Und wieder sind es die scharfzüngigen und von Frank Heibert sprachlich gewitzt ins Deutsche übertragenen Alltagsbeobachtungen über eine Zeit, kurz bevor Covid-19 über die Welt hereinbricht. So komisch das oft ist, so düster ist es aber auch. Denn auf der Suche nach Glück, was auch immer das sein mag, wirft Richard Ford seiner Lieblingsfigur so einige Knüppel zwischen die Beine.

Richard Ford
aus dem Amerikanischen von Frank Heibert
384 Seiten
Hanser Berlin, 28,– €,
E-Book 20,99 €


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