Trve Effective: Hackneyed
Hackneyed aus Abtsgmünd waren 2006 zunächst die Sensation im regionalen Death Metal. Mit einem Durchschnittsalter von gerade mal 16 Jahren und einem da schon mehr als imposanten technischen Können, schafften sie es direkt mit dem ersten Album 2008 zum Branchenriesen aus der schwäbischen Nachbarschaft; sie bekamen einen Plattenvertrag bei Nuclear Blast und machten sich auf, die Szene zu erobern. Und auf ihrem Weg sind sie bereits weit vorangekommen. Auf Tour etwa mit namhaften Bands wie Nile und Arch Enemy, präsent auf den großen Festivals wie Summer Breeze, Wacken und With Full Force bis hin zu Shows in den USA. Fast zehn Jahre später überraschen sie mit einem sehr mutigen und gereiften vierten Album, das Mitte Mai veröffentlicht wird. XAVER saß am Küchentisch mit Sänger Phil Cadavre, ganz stilecht bei schwedischen Leckereien in der Resopalküche.

Phil: Stefan Schimek, ein Bekannter von uns, hat die Serie angeschleppt und ich war dann der erste „Infizierte“. Der Stefan studiert englische Literatur und arbeitet auch im Filmbusiness, er macht z.B. viele Untertitel für DVD-Releases. Und mit ihm habe ich mich dann direkt an die Texte gemacht.
PC: Der Sir Ged, genau. Aber da wir ja nicht mehr in München aufgenommen haben, hat sich das nicht mehr so ergeben. Und ich habe bei Illusion Of Strength (Sideproject von Phil mit u.a. Nikita Kamprad von Der Weg einer Freiheit, Anmerk. d. Verf.) schon gesehen, dass das eben einen anderen Weg nimmt, wenn ich die Texte selbst schreibe. Der Ged hat viele lustige Sachen wie englische Redensarten usw. eingeflochten, was auch cool war. Aber das ging dann schon ab und zu in eine andere Richtung, als wenn ich das alleine gemacht hätte. Mit Stefan Schimek ist jetzt zwar auch wieder jemand von außerhalb der Band an den Texten beteiligt, der hat neben den vielen Gemeinsamkeiten auch einiges mit reingebracht, was genau meinen Vorstellungen entsprochen hat. Und Filme hatten ja schon immer einen gewissen Einfluss auf uns als Band. Bei „True Detective“ gab es ein regelrechtes Aha-Erlebnis, weil die beiden Hauptcharaktere eben häufig richtig tiefgreifende und schwarzhumorige Dialoge führen. Das hat mich ebenfalls dazu gebracht, über einiges nachzudenken. Die Grundstimmung, dieses Triste der Serie, hat ein paar Sachen getriggert und das passte wiederum sehr gut zu vorher bereits vorhandenen Szenarien. Das Ganze spielt, wie eigentlich unsere seitherigen Alben auch, durchaus auch mit politischen und sozialkritischen Themen, wie z.B. auch das neue Lyric Video zu „Now I Am Become Death“. Es ist also nicht nur „True Detective“, sondern ganz viele Sachen, die da mit einfließen; allgemein so ein Endzeit-Feeling, gerade bei Songs wie „Ashfall“ oder „Death Toll“ kommt das gut raus: Die letzten Überlebenden bekriegen sich auch noch bis aufs Blut, bis am Schluss nur noch ein einziger übrig bleibt, der dann sprichwörtlich das Ende der Menschheit einläutet - deswegen auch die Glocke am Schluss.
PC: Genau. Ich habe auch zu jedem Song des Albums bereits eine Story für einen Videoclip im Kopf, es stellt sich bloß die Frage, ob wir auch das Geld haben, um das entsprechend umzusetzen.
PC: Klar, wir haben uns umgehört und geschaut, was es für Optionen gibt. Es war aber schon in einem sehr frühen Stadium die Idee da, es selbst zu machen. Von Lifeforce haben wir uns im gegenseitigen Einverständnis getrennt, das sind super nette Leute da, aber es ist - wie Du ja selbst gesagt hast - eine schwierige Zeit für Tonträgerverkäufe. Und manche Strategie mit der wir vermarktet wurden, hat eine Zeit lang durchaus Sinn gemacht. Mittlerweile ist der Kiddie-Bonus aber weg und man muss sich anders beweisen. Bei einem eigenen Label haben wir alles in der eigenen Hand, können selbst lenken und bestimmen, was wir machen, oder was eben auch nicht. Wir hatten schon immer einen sehr direkten Kontakt zu unseren Fans, was mit dem eigenen Label jetzt noch einfacher wird. Wir machen beispielsweise auch unsere Facebook-Seite komplett selbst. Wenn uns da jemand schreibt, dann antworten auch wir, nicht irgendwelche Angestellten einer Firma.
PC: Genau, das ist ja das Problem bei Bands unserer Größe. Wir profitieren mittlerweile aber auch enorm von den Kontakten, die wir über die Jahre geknüpft haben. Wir schalten schon auch noch hier und da Printanzeigen, das läuft aber weitestgehend über Oktober Promotion in Hamburg, die die ganzen Presseorgane mit unserem Album und relevanten News versorgen. Realistisch gesehen ist Hackneyed ein Null-auf-Null-Geschäft, da ist und wir wollen auch kein Geld mit zu scheffeln. Was reinkommt über Shows, Merch und CD-Verkäufe wird im nächsten Atemzug wieder für Studio, Artwork und Videoproduktion ausgegeben. Aber mit der totalen Labelkontrolle entscheiden wir eben immer individuell selbst, auch in Sachen Vermarktung und wie wir uns nach außen darstellen.
PC: In Schweden habe ich den ganzen Gesang aufgenommen. Das war auch so eine witzige Geschichte: Wir waren mit Arch Enemy auf Tour und ich habe mich mit Michael Amott unterhalten. Dabei stellte sich dann heraus, dass er aus Halmstad kommt und ich eben da gerade mein Praxissemester gemacht habe. Amott hat den Kontakt zu Staffan hergestellt und wir haben arbeitstechnisch auch optimal harmoniert. Ich brauche nämlich jemand, der mir keinen Honig ums Maul schmiert, sondern mir auch mal sagt, dass das eben noch nicht das Gelbe vom Ei war und ich gefälligst noch mal ran muss. Und der Wechsel nach Würzburg zu Nikita war ein ganz natürlicher Prozess, wir sind schon seit Jahren befreundet und vor 2 Jahren haben wir ja auch gemeinsam das Illusion Of Strength-Projekt gemacht. Als es dann um unser neues Album ging, brachte er sich direkt ins Spiel. Er hatte bis dahin auch schon Erfahrung mit anderen Produktionen gesammelt, u.a. mit dem letzten Necrotted-Album, und war so weit.
PC: Völlig richtig. Hinzu kam ja auch, dass wir durch die Vorproduktion schon recht viel skizziert hatten und auch in Sachen Sound genau wussten, wie das Album klingen soll. Und wir wussten auch, dass Nikita uns den Sound verpassen kann. Wir wollten passend zu dem „Carcosa“-Thema eben etwas Raues, Analoges haben, was Nikita bereits bei den Aufnahmen berücksichtigt und somit etwas sehr Lebendiges hinbekommen hat. Es wurde nichts getriggert, und im Nachhinein kaum editiert. Es ist bewusst nicht immer alles zu 100 Prozent auf dem Klick, aber dafür lebt es auch viel mehr und klingt nach Band und nicht nach Maschine. Zu unseren seitherigen Alben hat dieses Sterile, Exakte auch sehr gut gepasst, aber dieses Mal sollte es passend zu den apokalyptischen Themen etwas Kaputteres und vor allem auch Dynamischeres sein.
PC: Da sind wir quasi zurück zu den ganz frühen Tagen der Band gegangen und haben das im Kinderzimmer von Tim (Tim Cox, Schlagzeuger, Anmerk. d. Verf.) aufgenommen. Der hat sich über die Jahre mehr und mehr in die Materie reingeschafft und sich das entsprechende Equipment zugelegt. Dadurch, dass Nikita selbst Gitarrist ist und auch selbst total in der Szene und Musik steckt, ist beim neuen Album auch mal mehr an den Gitarren gearbeitet worden. Und ich finde das macht sich dieses Mal auch sehr positiv bemerkbar!
PC: Es war schon immer so, dass das musikalische Grundkonzept zwischen uns Dreien entsteht. Dadurch dass Tim und Devin ja oft tagelang im Proberaum miteinander Musik machen, entsteht so schon total viel ausgefeiltes Material. Klar steuern die anderen beiden beim Ausarbeiten in der vollen Bandbesetzung noch Ideen und Riffs bei und man diskutiert da schon auch mal den Aufbau und verändert den dann vielleicht auch. Wir haben intern auch eine ganz gute Aufgabenverteilung, Phillip Fink hat jetzt z.B. in kürzester Zeit die ganze Tour geplant und eingetütet. Sein Bruder Fabian macht als redegewandter Abtsgmünder Gemeinderat die ganze „Öffentlichkeitsarbeit“. Zudem hat der auch einen Ordnungsfimmel, sehr praktisch das! (lacht) Der räumt dann gerne auch mal den Backstageraum auf, räumt Bierflaschen weg, sammelt Plastikbecher ein usw ... Aber im Ernst, wir machen durch schlaue Vernetzung und Einsatz das Effektivste aus unserer Situation.
PC: Wir hatten ja ursprünglich vor, dass er ein richtig cooles Gitarrensolo beisteuert, aber er hat bei Der Weg einer Freiheit ja mittlerweile auch den Gesang übernommen und es hat sich dann angeboten, dass er statt des Solos lieber Gesang beisteuert. Bei „Death Toll“ bekriegen sich eben die zwei letzten noch lebenden Menschen auf der Erde und so sind da jetzt auch zwei Stimmen zu hören.
PC: Ja, genau. Sehr coole Idee von ihm und auch irgendwie naheliegend, da dieses „Carcosa“-Ding ja schon auch irgendwie Kult ist. Mit Björn haben wir da seit Jahren den perfekten Partner an unserer Seite, der die Alben entsprechend verpackt.
PC: Danke, da bin ich ganz Deiner Meinung. Uns war das schon immer sehr wichtig, denn es ist eben nicht nur die Musik, so eine Platte ist das Zusammenfinden von verschiedenen Künstlern. Genau wie beim Film, wo es ja ganze Heerscharen an wichtigen Leuten gibt, wird das aber oft nicht richtig wahrgenommen oder wertgeschätzt.
PC: Eben, aber es sind nicht nur die Leute wichtig, die den Sound machen, denn das ist ja nur das fürs Ohr. Klar kommt da noch die Fantasie ins Spiel, denn wenn man die Texte hört bzw. liest, dann kommen da auch gleich Bilder mit, aber jemand zu haben, der diese Bilder auf einen Nenner bringt und du dich da als Band auch verstanden fühlst, das ist schon ein Glücksfall.
PC: Das ist der Schlagzeuger von Der Weg einer Freiheit und Illusion Of Strength.
PC: Das ist ein bewahnter Musiker und Multiinstrumentalist. Er arbeitet natürlich in einem Musikladen und zwar irgendwo in der Provinz im Schwarzwald. Und immer, wenn er nichts zu tun hat, schnappt er sich ein Instrument und lernt das! Aufgenommen haben wir im April - das Projekt Geige hat er an Silvester begonnen!
PC: Dadurch, dass wir erst jetzt mit dem Album um die Ecke kommen, ist es für manche Festivals fast schon zu spät, weil die um diese Zeit im Jahr schon größtenteils durch sind in Sachen Booking. Aber wir spielen das Summer Breeze, das Out&Loud und noch ein paar kleinere Festivals.
PC: Danke!