Die Sache mit dem Glauben

„Schwester Weiß“ schafft das Kunststück, die Themen „Schwaben“, „Tod“, „Kirche“ und „Komödie“ für einen tollen Film zu verbinden

„Nonne oder Ordensschwester - des isch doch alles derselbe Scheiß“, flucht Helene, als ihre Tochter Maja mal wieder ihre Zeit bei der für ihre Gläubigkeit so ungeliebten Schwester Martha verbringt. So genau will sie das nämlich gar nicht wissen, was ihre Schwester ist, die ja als echte Schwester ein Franziskanerinnen-Kloster auf der Schwäbischen Alb leitet. Die Ironie des Schicksals ist aber: Kurz darauf weiß sie es nicht mal mehr ungefähr. Denn einen Autounfall später hat sie nicht nur ihren Mann und ihr Kind verloren, sondern auch noch ihr Gedächtnis. Über die Art der Beisetzung entbrennt ein Glaubensstreit zwischen Martha und Majas Großmutter: „Im Wald verscharren“, sprich Naturbestattung, oder katholisches Begräbnis? Der Erinnerungslosen ist es ohnehin schnurz. Für Martha aber wird es zur fixen Idee, das getaufte Kind auch in geweihte Erde zu bringen.
Alles wirkt sehr vertraut und extrem glaubwürdig in diesem Film des gebürtigen Ellwangers Dennis Todorović, der bei den Fürbitten der Schwestern Sätze unterbringt wie „Herr, ich möchte für eine Frau aus Bopfingen bitten. Sie ist zuckerkrank und hat ihr Bein verloren“, seine Autos mit „AA“-Kennzeichen rumfahren lässt und für seinen Soundtrack den Chor der Ellwanger Anna-Schwestern hat singen lassen.
Den sehr gewichtigen Themen Familie, Tod und der Ausrichtung des Glaubens begegnet Todorović mit pointiertem Humor. Keine Schenkelklopfer, keine Plattheiten, nur kleine schwäbische Knitzigkeiten von liebevoll gezeichneten Charakteren, die in Halbsätzen und schönstem Schwäbisch der ernsten Situation die Kante nehmen, ohne sie zu banalisieren. Etwa wenn der Priester im Beichtstuhl mit der allmählich ihren Glauben verlierenden Schwester Martha anfängt, Kunsttheorie zu diskutieren, oder die im Kloster im benachbarten Altenheim lebende Helene, eine Todkranke kettenrauchend im Turmzimmer findet, und ihr sagt, dass sie das mit dem Sterben schon hinter sich habe.
All das - und natürlich seine wunderbaren Schauspieler - macht „Schwester Weiß“ nicht nur zu einer mehr als gelungenen schwäbischen Tragikomödie, sondern zu einem deutschen Filmhighlight des laufenden Jahres.
Zwei Schwestern im Clinch für einen großen Film

Schwester Weiß
D 2016
R: Dennis Todorović
D: Željka Preksavec, Lisa Martinek, Beatrice Richter
S: 20. Oktober
www.schwesterweiss.w-film.de

Statement von Regisseur Dennis Todorović:
„Mundart bedeutet für mich nicht Volksnähe, sondern Charaktertreue. Die Sprache meiner Figuren ist nicht korrekt, sondern gelebt. Sie ist nicht gedacht, sondern gefühlt. Und der Dialekt darf auch nicht vordergründiger Gaglieferant sein. Denn in Schwaben scherzt man nicht nur auf Schwäbisch, sondern streitet, versöhnt, trauert und leidet, liebt und lebt man im Dialekt. Eine so klare Verortung macht eine universelle Geschichte für mich immer authentischer und auch unverwechselbarer.“


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