Funkelnde Abenteuer

Wer kennt ihn nicht, den Diplomsportwissenschaftler Florian Weber? Oder den ausstellenden Künstler gleichen Namens? Oder den Radiomoderator und Journalisten Florian Weber? Also jetzt im Ernst: Wirklich viele dürften den Schlagzeuger der Sportfreunde Stiller, Florian Weber kennen, und bevor die bald eine neue Single veröffentlichen, veröffentlicht Tausendsassa Flo Weber noch seinen neuen (nicht seinen ersten!) Roman „Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken.“ Massig Gesprächsstoff mit einem grundsympathischen Mann.

X: Hallo Flo, danke, dass Du Dir die Zeit nimmst die Fragen zu beantworten!

FW: Habe die Ehre!
X: Ganz ernst gemeinte Frage und nicht nur übliche Eröffnungsfloskel: wie geht’s Dir denn gerade so?

FW: Diese Frage darf jederzeit und immer gestellt werden. Zur Floskel wird sie nur durch eine unehrliche Antwort. Ich bin gesund und hab gerade viel zu tun, was mich sehr freut.
X: In den letzten Jahren wurden kulturelle Ereignisse reihenweise verschoben und/oder irgendwann oft abgesagt. Toll, dass Du Deine Lesereise durchziehst… das war bestimmt keine leichte Entscheidung?

FW: Der Verlag, der Booker und ich dachten tatsächlich beim Erstellen der Tour, dass wir zu diesem Zeitpunkt auf der sicheren Seite sein müssten. Ich hoffe sehr, die Vorverkaufszahlen ziehen noch ein wenig an. Die Menschen sind weiterhin vorsichtig. Aber die Kultur muss leben und brennen und lärmen und sich zeigen, und wenn sie das nicht kann, soll ihr wenigstens aufrichtig und ehrlich in allen Belangen Unterstützung zu Teil werden. Die keinesfalls überall ankam. Ich will aber auf die Bühne, dieses jetzt erstmal mit Buch und vielleicht Gitarre.
X: Du hattest Dich bestimmt auch schon auf die Leipziger Buchmesse gefreut…?

FW: Zefix, sehr schade. Welch schöne, kreative, interessante, lehrreiche Begegnungen nun nicht stattfinden können. Ich bin traurig. Und bin damit nicht alleine.

X: Ein wichtiger Faktor bei Büchern, noch mehr als bei Musikalben, ist der Titel. Wie hast Du den gefunden und gab es über die Entstehungsgeschichte des Buches andere Arbeitstitel und wenn ja welche?

FW: Die Geschichte eines Ertrinkenden. So der Arbeitstitel. Als ich auf der Bühne stehend Rüde (Bassist der Sportfreunde Stiller, Anmerk. d. Vef.) aufforderte, er solle doch mal endlich richtig abgehen, entschuldigte er sich seinen schmerzenden Rücken haltend: „Die Ästhetik der Schonhaltung.“ Das verband ich sofort mit dem sich in sein Archiv zurückziehenden Heinrich Pohl. Schonhaltungen sollten hier und da gesprengt werden. Dann regnet ́s funkelnde Abenteuer.

X: Hat der Verlag bzw. Dein Lektor da auch Einfluss genommen? Ich habe oft von Autor/-innen gehört, dass die selbst gar keinen Einfluss auf den Titel haben – was im Musikbereich ja undenkbar ist…

FW: Markus Nägele, mein Verleger, selbst Musiker und Künstler, hat mich eher bestärkt, bei dem Titel zu bleiben. Der Titel ist auffällig, anders, regt ein wenig zum Denken an und malt gleich mal ein schönes Bild. Ich freu mich drüber.

X: Die Ausgangssituation ist ja schon mal der Knaller: „Ein Mann treibt auf einer Kühlbox im Meer. Neben ihm ein ohnmächtiger Clown und ein Lama. Er kann sich an nichts erinnern.“ Das klingt erst mal nach Black Story, oder nach fiesen Stichworten beim Improtheater. Eine gute Geschichte, ein Plot mit starken Charakteren ist das eine, die Form dann wieder was ganz anderes. Wieviel Hirnschmalz hast Du in den Überbau investiert, erzähl bitte etwas zur Entstehung und Ausarbeitung des Buchs.

FW: Ich hatte bisher nie einen Schreibplan. Der Grundstein ist eine Idee, eine Szenerie, die stelle ich auf. Dann marschiere ich los oder treibe mit den Protagonisten. Das ist erstmal unmittelbar und uneingeschränkt. Im Laufe des Prozesses kommen aus logischen Gründen zu erreichende Ziele, Bilder oder Geschehnisse auf. Das macht mir Spaß, denn vorerst hindert mich wenig, in meiner Fantasie zu graben und zu stöbern. Umso komplizierter wird es, wenn man anhand von Rückblicken zeitliche Geschehnisse verbinden muss. Aber bisher fand ich immer in ein für mich zufriedenstellendes Ende.

X: „Ein lyrischer, lustiger und verrückter Mikrokosmos. Man muss ihn lieben, diesen Flo-Circus“, sagt Jan Weiler über Dein Buch. Wie kommt es eigentlich immer zu diesen „Lobhudeleien“ auf Büchern, hast Du dem Verlag da ein paar Bekannte von Dir vorgeschlagen, die in Frage kommen könnten?

FW: Ich als Vielleser orientiere mich bei meiner Buchauswahl durchaus am Urteil anderer Autoren. Ich habe Jan weder bezahlt noch dazu gezwungen, mein Buch zu lesen. Gefragt habe ich ihn aber doch. Auch David und Denis hätten es mich wissen lassen, wenn ihnen das Buch nicht gefallen hätte. Also werte ich deren Quote als starke Wertschätzung.

X: Großes Lob kam auch von Deutschlands bekanntestem Literaturkritiker Denis Scheck. Bedeutet Dir das was, liest Du Dir also alle Kritiken zu Deiner Arbeit durch, oder siehst Du das distanziert?

FW: Das ist absolut beflügelnd. Ich bin kein gelernter Schriftsteller, weiß aber, dass ich unglaubliche Lust zu Fabulieren habe. Wenn dies berühmte Autoren oder Kritiker honorieren, lässt mich das mit Stolz und Zufriedenheit auf meine Arbeit blicken. Völlig selbstverständlich: Wer wird nicht gern für sein Tun gelobt?

X: Zentraler Part Deines Buchs ist ein Roadtrip durch die USA und ich vermute mal, dass Du da eigene Erfahrungen verarbeitet hast?

FW: Mein Freund Ricks wohnt seit vielen Jahren in Salt Lake City. Mit ihm habe ich den Anfangsteil der Route, bis in die Arches, dort wo die Geschichte des ersten von den fünf antiken Gegenständen aus Onkel Wendelins „Schrein“ erzählt wird, selbst erlebt. Ab dann half die Technologie und Vorstellungskraft.

X: Und beim Stichwort Roadtrip kommen einem neben diversen Büchern ja auch gleich Filme in Erinnerung. Wenn Dein Buch also verfilmt werden würde, wer würde Regie führen und wer die Hauptrollen spielen?

FW: Regie: Florian Gallenberger. Heinrich: Frederick Lau. Onkel Wendelin: Iggy Pop. Der Clown: Es.

X: Im Bandkontext kenne ich Dich als Energiebündel, eine Lesung hab ich von Dir noch nicht besucht – fällt es Dir schwer, ruhig an einem Tisch zu sitzen und konzentriert zu lesen? Oder definierst Du Lesung ganz anders, worauf können sich die Leute bei einer Lesung von Dir freuen?

FW: Ich bin da. Das Buch ist dabei. Vielleicht eine kleine Gitarre. Bei vergangenen Lesungen musste ich bisher nicht unkontrolliert während des Lesens aufspringen und Breakdance aufführen, aber hey: warum nicht? Richtig ist, dass es für mich kein übliches Metier ist. Herausforderungen, herrlich.

X: Als Musiker wurdet Ihr ja bestimmt schon aufgefordert, Euch ein Traum-Festival aus eigenen Lieblingsbands zusammenzustellen, wenn Du jetzt z.B. eine Literaturwoche kuratieren dürftest, wer würde alles lesen?

FW: Fies. Gibt ja immer mehr interessante Autoren oder Bands, als Festivals fassen können. Ich versuche es so: Wir starten mit dem Trio Juli Zeh, Friedrich Ani, Jan Weiler. Gehen in die Post Mortem-Sequenz: Astrid Lindgren, Erich Kästner und Tolkien. Bringen die Musikerriege: Kae Tempest, Thees Uhlmann, Ethan Hawke, Sven Regener. Wir schließen ab mit dem Österreichblock: Helena Adler, Heinrich Steinfest, David Schalko, Wolf Haas. Fett!!!

X: Da konntest Du jetzt viele Favoriten unterbringen, viel schwieriger ist aber die Frage nach dem Lieblingsbuch… Deins ist welches?

FW: Da hakt ́s aus. Ich will keins meiner Lieblingsbücher unerwähnt lassen. Wo soll ich anfangen? Und nie aufhören?

X: Und Stichwort Musik, eine andere wichtige Rolle in Deinem Leben spielst Du als Schlagzeuger bei den Sportfreunde Stiller. Da kommt auch was Neues, oder? Zumindest seid Ihr im Herbst wieder auf Tour…

FW: Die erste neue Single kommt im April, das Album im Sommer. Wir sind heiß, war ja auch lange Pause. Hoffentlich kennen uns die Menschen noch und freuen uns so wie wir aufs gemeinsame Ausrasten.

X: Und durch die Sportfreunde Stiller weiß ich auch, dass Du Fan von 1860 München bist. Was sagst Du zur Saison und träumst Du ab und an von Zeiten des Stadtderbys?

FW: Stadtderbies waren genial, vor allem wenn man auf Tour war und sich auf der Bühne schön gegenseitig sticheln konnte, denn Peter ist ja FCBler. Mittlerweile ist meine Radikalität durch die Altersmilde in Interesse verwandelt. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Löwen wenigsten mal wieder in die 2. Bundesliga aufsteigen würden. Aber frag doch mal die Kickers-Anhänger, die sehnen sich doch auch nach oben.
X: Zum Abschluss die Frage nach Deinen drei Wünschen von der berühmten Fee! Literaturnobelpreis für Dein Buch? Weltfrieden? Ewiges Leben? Du hast die Wahl!

FW: Forever Peace, oberstark!!!!!


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