Auf ein Teekesselchen mit Frau Stocker
Mine, bürgerlich Jasmin Stocker, Jahrgang 1986, brennt für Musik. Und ihr gelingt das Kunststück deutsche Texte zu schreiben, die nie cheesy, beliebig oder flach sind und dazu noch Musik zu machen, die, ja, irgendwie Pop ist, aber an sich viel zu viel Substanz für so ein einfaches Label hat. Musik ist ganz offensichtlich ihre Leidenschaft und sie fuchst sich da ganz tief hinein, überlässt nichts dem Zufall und hat hohe Ansprüche an sich selbst und Ihr Schaff en. Im Telefonat Anfang August ist sie sehr gut gelaunt, heiter und aufmerksam. Im Sommer stehen jetzt noch ein paar weitere Festivals auf dem Plan – sie war 2022 z.B. schon beim Fusion und beim Hurricane/Southside und im Herbst geht es dann auf ausgedehnte „Hinüber“-Tour durch deutschsprachige Lande.
Mine: Genau, ich hab in Mainz studiert, dann ganz kurz in Mannheim gewohnt und wohn jetzt auch schon seit fünf Jahren in Berlin.
M: Das lässt sich gar nicht auf ein bestimmtes Genre eingrenzen. Er war sehr off en und hat schon immer sehr breitgefächert Musik gehört – genau wie ich. Er kommt so ein bisschen aus der Art-Rock-Ecke, hat also viel Pink Floyd gehört; war aber auch totaler Madonna-Fan und Roxette mochte er auch sehr. Und er hat auch viel so Weltmusik gehört. Dieses Interesse an abgefahrenen Klängen, ich glaub das hab ich auch so ein bisschen von ihm mitbekommen.
der eigenen Künstler-Karriere nicht so hinhaut sich noch mit Unterricht über Wasser halten kann?
M: Ich hatte in meinem Kopf gar nie den Plan Künstler zu werden. Weil das für mich gar kein Beruf war, den man ergreifen kann; diese Auswahl stand für mich also gar nicht zur Diskussion. Ich wusste, dass ich etwas mit Musik machen wollte und habs mit einem Lehramtsstudium Musik versucht, bin aber schon an der Aufnahmeprüfung gescheitert, weil ich nicht gut Klavier spielen konnte. Und dann wusste ich nicht so recht, was ich tun sollte. Ich war zwei Jahre aus der Schule draußen und hab gejobbt… mir war klar, dass ich sehr unglücklich werde, wenn ich nichts mit Musik mache, und dann hab ich mich eben fürs Jazzgesang- Studium eingeschrieben. Dass ich aber damit mal mein Geld verdienen darf… mit meiner eigenen Musik – das war mir bis vor fünf Jahren noch nicht klar! Mein Plan war, dass ich arbeite um mir Albumaufnahmen nach meinen Vorstellungen finanzieren zu können. Dass ich das jetzt als Beruf machen darf empfinde ich als megakrasses Privileg. Mit dem Wissen von heute, hätte ich damals viel früher von der Schule abgehen sollen, denn vieles was ich z.B. in Klasse 11 – 13 lernen musste, war einfach verschwendete Lebenszeit – die ich viel früher mit Musik hätte verbringen können.
M: Mittlerweile produziere ich tatsächlich auch das meiste selbst. Angefangen hab ich aber zusammen mit Dennis Kopacz und Marcus Wüst, die sind eben in der Alten Zigarrenfabrik in Sandhausen ansässig. Ausproduzieren tun wir auch immer noch zusammen. Ich schreibe die Songs und schreibe dann Streicher- oder Chorarrangements dazu, die Aufnahmen machen wir dann zusammen und die mischen das dann auch. Der Produktionsprozess, wo entschieden wird wie Sounds klingen, mach ich mittlerweile alleine. Das hat sich aber erst über die Jahre und mit steigendem Know-how entwickelt.
vielleicht auch Schriftsteller/-innen, die Du verehrst?
M: Es gibt auf jeden Fall viele Texter und Texterinnen, die ich verehre. Ich muss sagen, dass ich ganz wenig Bücher lese. Und zwar weil ich echt Probleme habe, die Konzentration zu halten; das war bei mir schon immer so. Ich les an sich nur im Urlaub mal ein Buch. Da schaff ich es mal abzuschalten und die Zeit zu haben eine Seite 70 Mal anzufangen. Aber in Sachen Songwriter/-innen: ich bin z.B. ein großer Judith Holofernes-Fan, die mich auch sehr beeinflusst hat. Ich bin allgemein ein sehr großer Fan der deutschen Sprache, weil sie – im Gegensatz z.B. zum Englischen – sehr viel Vokabeln mitbringt. Es gibt oft für ein und die gleiche Sache 30 Worte, die sich kaum unterscheiden, aber jedes fühlt sich ein Mü anders an – das find ich so geil! Es sind auch so viele Wortspiele möglich… das ist fast schon ein Hobby bei mir!
M: Ja, klar!
von „meins“) und der Albumtitel „Hinüber“ (räumlich oder im Sinn von Kaputt) ist ein weiteres Beispiel.
M: Genau so wars gedacht!
M: (lacht) Ja, voll! Das muss ich auch zugeben, find ich aber auch voll schön! Ich bin selbst auch voll Fan von Nerds – und zwar egal in welchen Bereichen. Ich mag Leute, die z.B. auf Aquarien abgehen und sich leidenschaftlich auf eine Sache stürzen.
M: Das ist eher so mit der Zeit wichtig geworden. Ich bin schon immer ein großer Videoclip-Fan. Ich würde auch nie auf die Idee
kommen mir einen neuen Track bei Spotify anzuhören, wenn ich stattdessen ein Videoclip davon anschauen könnte. Einfach, weil
ich das so geil finde, Musikvideos zu kucken. Außerdem… Bühne, Outfits und alles was man von einem sieht spielt so stark mit in die Gesamtwahrnehmung der Musik mit rein. Wenn man einen Song hört und dabei ein Erlebnis hat, dann bedeutet einem der Song etwas ganz anderes. Ich glaube das liegt daran, dass da dann viele Dinge zusammenkommen. Und ich versuche das eben auch in der Musik zu nutzen.
M: (lacht) Ja… ja… mein großer Tick, wirklich.
M: Oh, keine Ahnung. Ich müsste sie mal zählen… aber so um die 25 bis 30 werden es inzwischen schon sein.
M: Nee, diese Idee hab ich geklaut von den Beatsteaks. Die haben das vor zehn Jahren schonmal gemacht. Und ich hab in der Coronazeit ja eh immer wieder mal über Instagram aufgerufen Musik zu machen, dass man also zusammen Videos macht und so. Und das hat schon super gut funktioniert und dann ist mir diese Beatsteaks-Sache wieder eingefallen und dachte mir, dass das doch perfekt wäre um das Album zu starten. Dass das dann aber so viele Leute machen – es sind über 100 Versionen zusammengekommen – hätte ich nie gedacht.
M: Nee, ich glaube eher nicht. Ich finde es super, dass wir mittlerweile vor so großem Publikum spielen dürfen und mit diesem Erfolg kommen natürlich gewisse Privilegien. Dass man mit Leuten zusammenarbeiten kann, die man geil findet; dass man mehr
Kohle hat um geile Videos zu drehen usw. aber trotzdem möchte ich versuchen den Bekanntheitsgrad so niedrig wie möglich zu halten. Weil ich das doch sehr anstrengend finde. Und sobald man sich in diese TV-Welt begibt, steigt dieses Promi-Ding nochmal deutlich an und wird immer wichtiger – und das möchte ich einfach möglichst vermeiden. Außerdem muss ich sagen – und nicht falsch verstehen, no hate und so – die Sendung hat an sich nicht so viel mit Musik zu tun. Da geht’s schon eher um Unterhaltung und darum die Leute zu promoten. Bei einem anderen Format, wo es dann wirklich nur um Musik gehen würde, würde ich das dann vielleicht nochmal überdenken…
M: Ja, auf jeden Fall. Das war der letzte Song, den wir fürs Album gemacht haben und ich wollte einfach auch etwas weniger Anstrengendes dabei haben. Ich mags ja, wenn ein Album einen roten Faden hat, bin aber selbst auch Fan von Alben, die unterschiedlich und vor allem nicht langweilig sind und einen auf verschiedenen Ebenen abholen; und deswegen wollte ich unbedingt noch etwas locker-flockiges haben. Und dann war ich – wie jeden Tag – in der Sandhausener Eisdiele und dachte mir „Ok, perfekt, darüber kann ich auf jeden Fall schreiben!“
M: Ich würde Florida bevorzugen. Ich weiß nicht, ob Du die kennst?
M: Wenn ich nicht von einer Eisdiele gesponsert werden könnte, sondern eins aus dem Supermarktregal wählen müsste, dann würde ich mich für Florida-Eis entscheiden. Weil das schmeckt supergeil und die achten auch sehr auf die Zutaten. Die haben so ne blaue Verpackung, kann man an sich gar nicht verfehlen! (Anmerk. D. Verf.: Um unseren Leser/-innen hier auch kompetent berichten zu können, habe ich mich im Selbsttest geopfert und das Eis getestet. Ist bei uns in der Gegend gar nicht so leicht zu bekommen, gibt’s nur im Kaufland in Ellwangen oder im Edeka in Westhausen – lohnt sich aber sehr!).
M: Du meinst wegen der Ticketverkäufe?
M: Ohh… ich kann darüber nicht nachdenken. Weil wir hatten gerade erst etwas ähnliches. Uns ist jemand ausgefallen und wir mussten Konzerte absagen und verschieben. Aber am Ende liegt das nicht in unseren Händen. Wir schützen uns so gut das eben geht, wir werden uns alle vorher isolieren, die Kontakte weitestgehend reduzieren und uns regelmäßig testen. Jeder in der Crew will die Tour spielen. Wir sind alle sehr vorsichtig, wenns dann aber trotzdem passieren sollte langts auch noch, wenn ich mich dann aufrege.
M: Nein, keinesfalls – das dauert noch ne ganze Weile. Ich hab ja auch erst sechs Songs geschrieben. Ich werde also noch weitere vier Tracks schreiben und ausproduzieren. Da ich aber so vieles selber mache, dauert das eben auch sehr lange. Realistisch gesehen wird’s also frühestens im Frühjahr 2023 werden.
M: Meine drei Wünsche wären…, dass jeder Mensch auf dieser Welt eine Therapie macht um sich mal mit sich selbst zu beschäftigen und reflektierter zu handeln, was dann automatisch dazu führen würde, dass man andere Menschen besser behandeln würde. Ich würde mir von Herzen wünschen, dass es ausgeglichener in der Welt wird. Das es einfach weniger Unterschiede geben würde, vor allem was Armut und Reichtum angeht, aber auch was Gleichberechtigung, Sexualität, Hautfarbe
usw. angeht. Mein dritter Wunsch wäre…. (überlegt) Gesundheit für mein engstes Umfeld, wobei… für alle natürlich, aber besonders für mein engstes Umfeld!
LIVE:
18.10.
Stuttgart,
Im Wizemann
19.10.
Nürnberg, Hirsch