Allgäuer Weihnachts-Pfadfinder: Volker Klüpfel

Das Autorenduo Michael Kobr und Volker Klüpfel schreibt seit bald 20 Jahren sehr erfolgreiche und amüsante Krimis um den Allgäuer Kommissar Kluftinger. Schon sehr früh haben sie eine eigene und sehr unterhaltsame Art entwickelt, ihre Lesungen zu zelebrieren, und rangieren da fast schon im Comedy-Bereich

„Klufti“ ist zu einer etablierten Marke geworden, es gibt mittlerweile sogar organisierte Reisen und Führungen zu den Schauplätzen im Allgäu – ganz zu schweigen von den Verfilmungen, Umsetzungen fürs Theater und allerlei Merchandising-Artikeln vom T-Shirt bis zum Brettspiel. Längst konzentrieren sich die beiden Autoren voll und ganz auf ihre schreiberische Tätigkeit und haben sich aus ihren ursprünglichen Berufen zurückgezogen. Bevor es dann endlich wieder auf die Bühne geht, hat sich ein bestens gelaunter Volker Klüpfel Zeit für ein Telefonat mit uns genommen. Sehr schade ist, dass hier in der hochdeutschen Niederschrift der sympathische Allgäuer Zungenschlag des Gesprächs verloren geht – den bitte einfach dazu denken!

XAVER: Hallo Herr Klüpfel, wir nähern uns so nach und nach wieder dem Normalzustand, aber die letzten 18 Monate hat Corona im Land fast alles auf den Kopf gestellt – wie haben Sie, der ja irgendwie auch von Liveauftritten lebt, die Zeit erlebt?

Volker Klüpfel: Ja, wir leben ja glücklicherweise nicht nur von den Liveautritten, aber sie sind natürlich ein wichtiger Bestandteil unserer beruflichen Existenz. Einfach auch deswegen, weil die Auftritte uns aus unserer Schreibtube raustreiben – das ist schon wichtig. Und jetzt waren wir dazu verdammt, nur noch an unseren Schreibtischen zu hocken – das ist auf Dauer nix, was einen für weitere Bücher inspiriert!
X: Gab‘s in den zurückliegenden Monaten alternative Veranstaltungskonzepte, haben Sie z.B. vor Autos oder im Internet gelesen?

VK: Ja, wir haben alles ausprobiert! Direkt zu Beginn haben wir jeden Tag zehn Minuten online gelesen und dabei immer ein paar tausend Zuschauer. Als dann unser neues Buch erschien, haben wir dann eine Online-Premierenlesung mit Tickets gemacht – da waren‘s dann plötzlich nicht mehr ein paar tausend Zuschauer und danach hatten wir dann auch keine Lust mehr, täglich umsonst online weiterzulesen. Dann haben wir einmal Autokino gemacht, was spannend war, aber auch nix, was man gerne öfter machen würde. (lacht) Und jetzt geht’s ja so langsam wieder mit regulären Lesungen vor echtem Publikum los – da sind wir schon sehr froh! Auch wenn da die Regelungen je nach Bundesland ganz unterschiedlich sind, also mal mit Abstand und ohne Maske oder dann auch wieder ohne Abstand und mit Maske – wir sind da gestählt und auf alles vorbereitet!
X: Ich stelle mir das als Künstler auch irgendwie seltsam vor, wenn man auf ein Publikum schaut, das Masken trägt oder mit riesigem Abstand auf eine große Halle verteilt ist…

VK: Erstaunlicherweise funktioniert das eher gut. Was aber auch damit zu tun hat, dass wir die Leute eh kaum sehen. Die Scheinwerfer strahlen uns ja an, dann sieht man eh nur die ersten ein, zwei Reihen. Mir tut‘s leid für die Leute, die da mit Maske drinsitzen müssen, weil wir haben ja keine auf. Aber was wir vor allem merken, ist, dass die total heiß drauf sind, wieder von Leuten auf der Bühne live unterhalten zu werden. Was die Masken schlucken, machen sie mit Euphorie wieder wett!

X: Ende September kam Euer neues Buch „Morgen, Klufti, wird’s was geben!“ auf den Markt, das mit seinen 24 Kapiteln ja schon fast eine Art Adventskalender ist. Ist die Idee zum Buch in der Corona-Zeit entstanden, oder war die schon vorher da?

VK: Nee, die Idee ist tatsächlich schon älter. Wir hatten früher auch schon in Stuttgart Auftritte mit unserer Weihnachtsshow, bei der wir Kluftinger-Kurzgeschichten und weihnachtliche Texte aus den Büchern rausgeschrieben und vorgetragen haben. Und wir sind ja beide große Weihnachtsfans und unser Traum war es eben, mal ein Weihnachtsbuch rauszubringen und eine entsprechende Tour im Anschluss dranzuhängen.
X: Die erwähnte Tour ist sehr exklusiv geworden, wenn ich‘s richtig gesehen habe, sind das nur drei Termine. Einer davon in Stuttgart, das Sie eben ja auch schon erwähnt haben – gibt’s ne besondere Beziehung zu Stuttgart?

VK: Total! Wir sind schon ganz von Anfang an mit Lesungen in Stuttgart gewesen. Anfangs eben noch in Buchhandlungen und es hat immer super funktioniert. Das Stuttgarter Publikum und wir – da haben sich zwei gefunden! Wir waren dann immer im Theaterhaus und sehr bald im großen Saal. Und das waren immer Supershows, deswegen: Wenn wir, wie jetzt, was Exklusives machen, dann ist Stuttgart immer mit dabei!
X: Nach der langen Zwangspause gibt’s jetzt ja eine lange Liste an nachzuholenden Shows, da warten ja gleich zwei bereits veröffentlichte Bücher auf die dazugehörige Lesereise und von in absehbarer Zeit neuen Büchern haben wir dann noch gar nicht geredet… Wie ist das, wenn man jetzt erst mal eigentlich Vergangenes abarbeiten muss, bevor man sich aktuellen Sachen widmen kann?

VK: Das war jetzt gerade schon komisch für uns. Wir hatten ja quasi die Live-Premiere eines Buches, das an sich schon ein Jahr alt war. Für die Leute, die im Publikum saßen, war es aber vielleicht noch seltsamer, weil die Tickets für unsere Thriller-Tour zum „Draußen“-Buch hatten, die dann aber so oft verschoben wurde, dass es jetzt eine „Funkenmord“-Lesung geworden ist. Und so werden wir das jetzt auch weiterhin machen, wir werden keine „Draußen“-Lesungen nachholen, wenn‘s ein neues Buch gibt, wird aus dem neuen Buch gelesen! Das wäre ja Quatsch, den alten Sachen da nachzurennen, da würden wir ja nie mehr auf einen grünen Zweig kommen!
X: Die Lesungen zum Thriller „Draußen“, der ja außerhalb der Kluftinger-Reihe erschienen ist und auch ohne die Humorkomponente konzipiert ist, wären doch ganz anders gewesen, oder?

VK: Gar nicht so viel anders, weil wir uns lange überlegt haben, wie wir eine Lesung zu dem Buch machen. Die Leute sind ja Veranstaltungen zum Lachen von uns gewohnt, wie machen wir das aber mit einem Thriller? Wir haben das dann auch versucht, die Leute haben aber trotzdem viel gelacht und wir sind den Erwartungen dann mehr und mehr entgegengekommen.
X: Und nachdem die Veröffentlichung des Buchs ja schon etwas zurückliegt, wie sind die Erfahrungen? Wird es weitere Bücher abseits des Kluftinger-Universums geben, oder bleibt der Fokus beim Klufti?

VK: Unser Hauptfokus ist eigentlich immer beim Klufti, aber der Thriller war toll und hat uns auch Spaß gemacht und hat funktioniert. Wir werden weiterhin andere Sachen machen, wir planen bzw. schreiben gerade an einer neuen Serie ohne den Klufti, die wird dann in ca. einem Jahr veröffentlicht werden. Für uns ist es einfach wichtig und auch wertvoll, die Kluftinger-Pfade immer wieder mal verlassen zu können, um dann immer wieder mit frischem Kopf zum Klufti zurückzukehren.
X: Und die Idee zur neuen Serie, ist die dann in der Corona-Zwangspause entstanden?

VK: Nee, die ist auch schon älter. Aber wir hätten das Buch ohne Corona wohl schon fertig und es würde in Kürze erscheinen. Für das Buch war aber eine aufwändige Recherchereise notwendig, und das ging bei den Reisebeschränkungen eben einfach nicht. So mussten wir unsere Pläne umstellen und haben einen Kluftinger vorgezogen, der eigentlich noch gar nicht dran gewesen wäre. Und der erscheint jetzt im Frühjahr 2022; die Kluftinger-Fans wird’s freuen. Für uns war‘s eine kurze Umgewöhnung, aber andere hat‘s durch Corona schlimmer erwischt.
X: Dann haben Sie in der Zwangspause auch gar keine neuen Hobbies für sich entdeckt? Viele Leute haben ja angefangen Brot zu backen, Modelle zu bauen, zu stricken oder was auch immer…

VK: Wir haben vor allem auch Familie und die waren ja dann auch immer da. Das mit den neuen Hobbies wäre vielleicht ein Thema gewesen, wenn man kein vierjähriges Kind im Haus rumspringen hat, das nicht in den Kindergarten darf.

X: Gab es oder gibt es Pläne, mal ein Buch zu veröffentlichen, auf dem „nur“ Volker Klüpfel draufsteht?

VK: Ja. Das wird auch mal passieren – obwohl, das klingt jetzt so dramatisch – das wird einfach stattfinden, dass wir beide etwas alleine machen – wann immer das auch sein wird! Ich habe jetzt z.B. gerade ein Theaterstück für die Freilichtbühne in Altusried, wo ich herkomme, geschrieben. Das war mal ein bisschen etwas anderes. Ich denke, jeder von uns wäre in der Lage, alleine etwas zu machen, und je mehr Zeit wir zukünftig familiär dann haben, umso wahrscheinlicher wird das dann werden. Daran wird unsere nun seit 20 Jahren bestehende Duosituation aber nicht scheitern, wenn dann einer mal was solo macht!

X: Die Kluftinger-Romane wurden teilweise ja auch verfilmt. Ich habe aber gelesen, dass Sie teilweise gar nicht so uneingeschränkt zufrieden mit den Filmen waren…

VK: Das ist sehr nett ausgedrückt (lacht)!
X: Ich wollte es möglichst diplomatisch sagen. Wie ist das denn eigentlich im Literaturbetrieb, wenn man ein erfolgreiches Buch schreibt und dann eine Verfilmung im Raum steht – wieviel Mitspracherecht haben die Autoren denn da?

VK: Das kommt ganz darauf an, wie viel Macht und Mitspracherecht man da schon hat und das entsprechend in den Verträgen verankert ist. Bei uns war‘s so, als wir damals mit den Büchern zum Piper-Verlag gewechselt sind, waren wir nicht in der Position, sagen zu können, dass wir die Filmrechte außen vorlassen. Somit waren die Filmrechte beim Verlag und die haben dann mit dem Produzenten einen Vertrag geschlossen, ohne dass wir da in irgendeiner Weise beteiligt waren. Mittlerweile sieht das anders aus, wir haben die Rechte bei uns und geben die auch nur her, wenn wir an den entscheidenden Stellen Mitsprache- oder auch Vetorechte haben. Es wird also lieber keine weiteren Klufti-Filme geben, als wieder welche, hinter denen wir nicht voll stehen können!
X: Und gibt es aktuell konkrete Pläne für eine neue Kluftinger-Verfilmung?

VK: Ja, die gibt es. Wir sind im Gespräch mit Produzenten und versuchen einen neuen Weg mit neuem Cast zu finden.
X: Wenn ich richtig informiert bin, haben Sie in den Verfilmungen doch auch eine kleine Rolle gespielt?

VK: Ja, das ist richtig. Ich glaube, in drei Filmen habe ich eine kleine Nebenrolle übernommen. Ich hab das dann aber irgendwann gelassen, weil uns die Verfilmungen ja nicht so getaugt haben und wir nicht wollten, dass die Leute denken, dass wir das cool finden, weil wir ja schließlich selbst mitspielen.
X: Immer wieder sind Sie mit den Kluftinger-Lesungen ja auch fern seiner und Ihrer Allgäuer Heimat unterwegs. Im Mai 2022 stehen z.B. Leipzig und Dresden auf dem Programm. Da pflegt man ja einen ganz anderen Dialekt, merkt man das dann? Reagieren die Leute anders als in Süddeutschland?

VK: Also, im Dialekt gibt es auf jeden Fall Unterschiede (lacht), aber das funktioniert erstaunlicherweise überall. In Niederbayern lacht das Publikum vielleicht eher so in sich rein und ist nicht gar so extrovertiert.
X: Dann ist auch ein Heimspiel, wie demnächst in Memmingen, keine besondere Show?

VK: Das ist schon alleine deswegen eine besondere Show, weil wir einen sehr kurzen Anfahrtsweg haben. (lacht) Das spart Zeit und das wissen wir durchaus auch zu schätzen. Aber sonst eigentlich nicht.
X: Vorher haben Sie erwähnt, dass Sie große Weihnachtsfans sind. Und ich hab mich ja bei der Recherche zum Interview schon gefragt, ob dieser Pulli, den Sie in dem Facebook-Werbeclip für das neue Buch tragen, aus Ihrem eigenen Fundus ist, oder ob Sie sich für den Clip extra ein besonders abscheuliches Exemplar besorgt haben?

VK: Was denn? Also bitteschön? (lacht) Ich bin wohl echt der einzige, der den schön findet! Sowohl der Pulli, als auch die im Clip zu sehende Schneekugel sind aus unserem Privatbestand!
X: Wenn Sie auf die berühmte Fee treffen würden, die Ihnen drei Wünsche gewährt, dann wären das welche?

VK: Boah… (überlegt lange) Ok, ich möchte mich wieder so jung fühlen wie vor 20 Jahren. Ich möchte gerne mal wieder ausschlafen können (lacht)…
X: Ah, das zielt jetzt auf das vierjährige Kind, das Sie vorhin schon erwähnt haben…

VK: Genau. Und selbst, wenn man dann mal auf Tour unterwegs ist und ausschlafen könnte, ist die innere Uhr schon so verstellt, dass man trotzdem um sieben aufwacht! Und als letzten Wunsch würde ich gerne alles essen können, ohne dick zu werden!


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