Jugendlicher Wahnsinn: Kissin' Dynamite
Die fünf inzwischen volljährigen Jungs von KISSIN’ DYNAMITE haben den Welpenschutz abgelegt und sind auf dem besten Weg ins Profilager. Mit ihrem melodischen, glamourösen Hard Rock der Marke Mötley Crüe lassen die Reutlinger nicht nur optisch die Achtziger wieder aufleben. Der Partyfaktor ist hoch, ebenso die Klasse ihres inzwischen dritten Longplayers mit dem bezeichnenden Titel „Money, Sex & Power“.
KISSIN’ DYNAMITE haben sich ihren Status und die entsprechende Anerkennung, ohne sich zu verbiegen, hart erspielt und stehen mittlerweile wie eine unschlagbare Bastion auf der Bühne. Dabei schwimmen sie gerne gegen den Strom, sagen frei Schnauze ihre Meinung und tun das, was sie für richtig halten.
Der XAVER geht dem jungen Phänomen auf die Spur, und sprach mit Vokalist Johannes „Hannes“ Braun über Groupies, Tokio Hotel und das Pokern.

Hannes Braun: Das war für mich damals eine große Sache, denn ich war endlich da angekommen, wo ich mich selbst sah: im Metal. Es glich ja schon fast einem Ritterschlag, damals als Zwölfjähriger Teil dieser Dokumentation zu sein.
HB: Wir haben uns tatsächlich schon in der Grundschule zusammengefunden. Das Lustige war, dass wir damals Instrumental Blues spielten. Das war das große Ding von meinem Bruder und mir, weswegen wir den Namen „The Blues Kids“ hatten. Im Prinzip haben wir die Geschichte der Popmusik in uns selbst erlebt, nur im Zeitraffer: vom Blues zum Rock’n’Roll und schließlich zum Metal. Da wollen wir auch bleiben.
HB: Wir hatten zu diesem Zeitpunkt schon zwei Demotapes produziert, die wir unseren heutigen Produzenten vorspielten. Ich glaube, sie waren beeindruckt davon, was sie hörten und das trotz unserer Milchgesichter. Dann haben wir ein paar Songs zusammen geschrieben und so nahm alles seinen natürlichen Lauf.
HB: Die Erwartungen waren natürlich gewaltig. Wir haben schließlich selbst die ganze Hysterie um Tokio Hotel erlebt. Musikalisch wollten wir da zwar nicht hin, dennoch hatten sie enormen Erfolg. Ich sah das damals einfach als eine große Chance, so eine Art böser und metallischer Gegenpol zu den braven Tokio Hotel zu werden. Ähnlich wie mit den Rolling Stones und den Beatles früher. Aber wir waren noch jung und naiv, haben uns vieles versprechen lassen, was nicht umgesetzt wurde. Dennoch sind wir rückblickend stolz auf unseren Erstling, denn er hat uns trotz des ganzen anfänglichen Misstrauens einen guten Einstieg in die Musikbranche ermöglicht.
HB: Ja, das weiß ich noch genau. Für die Presse sah das schlichtweg unglaublich aus. „Solche Jungspunde mit derartigem handwerklichen Können.“ Andere witterten ein gepushtes Konzept einer Plattenfirma, aber ich wusste immer: Sobald du auf unser Konzert kommst, treten wir dir derart in den Arsch, dass alle deine Zweifel sich in Luft auflösen. Und so kam es auch.
HB: Alles begann im Prinzip auf dem „Bang Your Head“-Festival in Balingen, wo er uns spielen sah. Er war begeistert und wollte uns für seine Tour als Support bekommen. Dort lief später alles so entspannt ab, dass ich es am letzten Abend tatsächlich zu fragen wagte, ob er denn Lust auf ein Gastspiel auf unserer nächsten CD hätte. Ein paar Wochen später war er bei uns im Studio. Er ist unser Metal-Opa und stand uns stets mit guten Ratschlägen zur Seite.
HB: Im Prinzip eines: Tauche selbst so tief in die Materie ein, wie du nur kannst. Je besser man dieses Monkey Business versteht, desto besser begreift man die Prozesse. Das wussten wir zu Zeiten von „Steel Of Swabia“ eben noch nicht und die Plattenfirma kann dann alles mit dir anstellen. Zum Glück hatten unsere Eltern ein wachsames Auge darauf. Die EMI wollten wir nach „Addicted To Metal“ sowieso nicht mehr, da wir uns dort zweimal nicht wohl gefühlt hatten. Wir sind jetzt unglaublich happy, bei AFM zu sein, da es sich hier wirklich familiär anfühlt. Jeder kennt jeden und so muss das sein, um an einem Strang ziehen zu können.
HB: Den Hörer erwarten die erwachsen gewordenen Wilden, die noch nie hungriger waren. Das spiegelt sich im Sound wider: Fettere Riffs, einprägsamere Hooks, reiferer Stimmsound und nicht zuletzt eine Schippe Ironie. Wir haben nach dem noch sehr chaotischen Erstling und dem etwas runderen Nachfolger nun ein sehr homogenes Gesamtbild entwickelt, dass sofort als Kissin’ Dynamite zu erkennen ist. Das war uns sehr wichtig und wir sind sehr stolz auf das Endergebnis.
HB: Die Zahl ist wieder das bewusste Spiel mit dem Klischee. Die Idee mit dem Pokerkoffer kam recht spontan, nachdem wir uns überlegt hatten, mit welchem Thema wir unseren Videoclip zum Titelsong „Money, Sex & Power“ abdrehen. Da kamen wir auf diese Pokeridee. Und mal ehrlich: Wer wollte nicht schon immer mal Pokerchips und Spielkarten im Kissin’ Dynamite-Design haben?
HB: Die Hookline zu „Money, Sex & Power“ fiel mir ein, nachdem ich auf einem deutschen Magazin die Headline „Geld, Sex und Macht“ gelesen hatte. Das hatte mit den Sex-Eskapaden von Strauss-Kahn und Berlusconi zu tun. Wir haben dem ganzen Thema nur noch eine sehr ironische Note hinzugefügt.
HB: Ja, die gibt es! Und das ist nicht so schön, wie man sich das vorstellt. Die sind mitunter ziemlich aufdringlich.
HB: Ganz einfach: Vergleich mal die beiden Dinge miteinander: You aim, you shoot and you run! Ist doch genau dasselbe, oder? Ich war inspiriert von Aerosmiths „Shut Up And Dance”.
HB: Wir haben bei dem Song einfach mal mit dem Klischee aufgeräumt, dass immer die Herren der Schöpfung die bösen Buben sind. In Wahrheit ist es nämlich andersrum - und das bekommt man „on the road“ deutlich zu spüren. Die Frauen sind wie wilde Tiere, die nur auf ihre Beute aus sind und ihre Krallen ausfahren, um ihr Ziel zu erreichen. Genau dieses Raubtierbild haben wir in „She’s A Killer“ verarbeitet.
HB: Definitiv! Wir haben beide im Schulalter angefangen, sind nun auch bei AFM unter Vertrag und wir haben uns bereits die Bühne geteilt. Es gibt einige Parallelen und wir würden es begrüßen, wenn die Erfolgsgeschichte von uns auch eine solche wird.
HB: Also ich denke nicht. Wenn auch nur 50 Prozent stimmen würden, dann würden die Jungs heute nicht mehr leben. Aber das ist ja das Schöne: Wir lassen uns alle gerne unterhalten, egal ob es wahr ist oder nicht – mir macht es Spaß, das zu lesen.
HB: Angus war mein Beweggrund, Rockmusik zu machen, da ich ihn erstmals live mit sieben Jahren sah. Ich war einfach fasziniert von ihm und ich bin es immer noch! Gesanglich gefallen mir Sebastian Bach, Steven Tyler und Axl Rose sehr gut.
HB: Nein, denn der Track entstand schon vor Amys Tod. Allerdings waren wir uns durch Amys Tod umso sicherer, dass das ein interessantes Thema ist, über das wir schreiben möchten. Wir kamen eigentlich drauf, weil wir spaßeshalber immer sagen: „Noch acht Jahre!“
HB: Also ich trinke schon gerne mal einen, aber auf Tour bin ich äußerst diszipliniert, was Alkohol angeht, denn die Gigs nehmen wir verdammt ernst. Die Rockstar-Wahrheit sieht so aus: Um 12.00 Uhr - je später, desto besser, da als Sänger Fresse halten angesagt ist - mittags aufstehen und raus aus dem Nightliner. Danach warten bis zum Soundcheck. Danach warten auf die Show. Danach ins Bett, kein Alkohol.
HB: Mit diesem Song zollen wir unseren alten Helden, die uns musikalisch unseren Weg bahnten, einen Tribut. Nachdem ein solcher Dinosaurier, Udo Dirkschneider, uns auf der letzten Platte mit einem Feature die Ehre erwies, kamen wir auf die Idee. „Dinosaurs Are Still Alive“ deshalb, weil schon viele Bands tot geglaubt wurden und heute wieder oder noch immer auf der Bühne stehen - siehe Black Sabbath.
HB: Nein, aber das ist für mich auch nicht schlimm, weil mich die Musik vollends ausfüllt. Ich habe ja sozusagen mein Hobby zum Beruf gemacht.
HB: Wir haben natürlich alle einen Plan B, eine Ausbildung oder ein Studium, den wir zurzeit noch parallel verfolgen. Uns ist jedoch bewusst, dass wir das vielleicht alle schon dieses Jahr hinschmeißen, sobald es auf große Europatour geht!
HB: Headliner beim Rock in Rio-Festival zu sein!