Im Reich der Schmierstoffe

In „Öl und Bienen“ versammelt Thorsten Schulz eine verkrachte Männer-Clique

„Solche Geschichten, die hört man nicht im Radio und sieht man nicht im Fernsehen. Die kann nur erzählen, wer Erfahrung hat, geheimes Wissen…“ In seinem saftprallen neuen Roman Ist Thorsten Schulz wieder da unterwegs, wo er sich am besten auskennt - nämlich im Osten. Genauer gesagt, im Havelland, östlich von Berlin, wo er nicht nur das lästerliche tägliche Treiben eines verkrachten Männer-Trios begleitet, sondern mehrere Generationen der Familie Wutzner und deren spezielle Gabe: Stehen sie auf einer Ölquelle, fängt die Erde an zu beben. In einer Geschichte des Scheiterns und Gescheiterter ist das natürlich eher ein Fluch. Auch für den bloß „Der Ihmsche“ genannten letzten Wutzner-Spross Lothar Ihm, der Ende der 70er-Jahre nach einem Arbeitsunfall mit seinen zwei Kumpels Blutblase und Krücke (Diagnose: Bluthochdruck und Beinamputation) ein Rockmusik-hörendes und lästerlich den lieben langen Tag Bier und Kräuterlikör saufendes Trio mit schlechten Frisuren bildet. Bis die Frauen des Dorfes Beutenberge durchgreifen und den Ihmschen endlich ins richtige Leben hinausbefördern wollen. Barocke Kapitelüberschriften, die feierlich schon zusammenfassen, was auf den folgenden Seiten passieren wird und bestens Drehbuchgeschulte Dialoge zeichnen diese schrullige Ost-Geschichte aus. Wie könnte es auch anders sein, lehrt der Autor doch an der Filmhochschule Babelsberg und kennt sein Metier: das Getriebe in einem Konsum, den drögen Alltag, das Außenseitertum. Mit kühnen Einfällen und drastischen Episoden zeigt er aber auch, wie aus einem Saufbruder ein versierter Geschichtenerzähler werden kann, ein Dorfchronist, der aus erster Hand weiß, dass es mit dem Anti-Helden des Romans kein gutes Ende nehmen wird. Aber das ist dann der Stoff, aus dem Legenden sind.

→ Bizarr im Osten

Öl und Bienen
Thorsten Schulz
224 Seiten, Klett-Cotta,
22,– €, eBook 17,99 €


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