Goldkehlchen und der Mann mit Hut: Mrs. Greenbird
Die Überschrift war tatsächlich der erste (leicht scherzhafte) Entwurf des Bandnamens, der dann später in Mrs. Greenbird geändert wurde. Sängerin Sarah Nücken und Gitarrist Steffen Brückner haben vor ein paar Monaten die Casting-Show „X-Factor“ gewonnen und als sprichwörtliche Ausnahme von der Regel, sieht alles nach einer langfristigen Karriere des charmanten Duos aus. Die Teilnahme an der Show war auch eher zufällig - Gitarrist Brückner wollte in einem Kölner Musikladen eigentlich nur Gitarrenkabel kaufen und „stolperte“ dort über einen Infostand der Show. Kennen gelernt haben sich die beiden, die auch abseits der Bühne ein Paar sind, in einer Kölner Kirchengemeinde. Ihr Album war wochenlang auf Platz 1 der Albumcharts und wurde mittlerweile vergoldet. Es gab Fernsehauftritte bei Lanz & Co. und als Sahnehäubchen sogar noch eine Echo-Nominierung. Trotz Zeitrafferkarriere vermittelt Steffen am Telefon einen sehr herzlichen und geerdeten Eindruck. Die Massen an Presseterminen über die letzten Wochen sind scheinbar spurlos an ihm vorbeigegangen, er ist fröhlich, gelöst und gibt munter und wortreich Auskunft.
Steffen Brückner: Jep, das kannst Du wohl laut sagen!
SB: (Lacht) Nee. Als das dann dreistellig wurde, hab ich glaub ich aufgehört zu zählen. Nachdem wir aus dem Studio raus waren ging es ja quasi direkt im Anschluss auf Radiopromo-Tour und wenn du dann nach ein paar Tagen schon nicht mehr weißt, in welcher Stadt du bist…
SB: Na ja, wir werden die Ortsschilder und die jeweiligen Clubs sehen. Denn man hat auf Tour ja leider nicht wirklich Zeit die Städte kennen zu lernen. Wir sind ja zum Arbeiten da! Das ist sehr schade, eben weil sehr, sehr schöne Städte dabei sind, in denen wir uns durchaus mal etwas umschauen würden, aber es fehlt einfach die Zeit.
SB: Nee, wir haben ne Band mit dabei und reisen mit mittelgroßer Entourage, sag ich mal. Das sind also zwei Musiker, die uns auf der Bühne unterstützen werden, so dass wir das schon abwechslungsreich gestalten können. Manche Songs spielen wir nur als Duo und bei anderen kommen die Musiker dann mit dazu. Zudem haben wir dann noch unsere Crew dabei, ich glaub insgesamt reisen wir mit neun Leuten.
SB: Nee, vor dem X-Factor-Sieg haben wir alles selber gemacht. Wir sind ja eigentlich „gelernte Indiemusiker“ und zwar nicht nur mit Mrs. Greenbird, sondern auch mit den ganzen anderen Sachen, die wir so gemacht haben. Das waren eigentlich immer alles reine Do-It-Yourself-Projekte. Wir hatten früher schon mit kleinen Plattenfirmen zu tun und mit meiner anderen Band haben wir auch selbst ein kleines Label. Auf Major-Ebene ist das aber das erste Mal. Und zu nem Großteil haben wir das Team quasi mitgewonnen, also Plattenfirma, Management und Bookingagentur gehörten zum Paket.
SB: Ja, schon. Aber diese Leute hatten sich dankenswerter Weise schon im Vorfeld bei uns vorgestellt. Die sind mit uns und den anderen Bands gemeinsam den Weg gegangen und alle wurden behandelt, als ob sie die Gewinner wären - auch der Anfang der Tour, die wir jetzt spielen, wurde schon gebucht, bevor der Sieger der Show feststand. Wir wussten also schon, mit wem wir es da zu tun haben und das waren jetzt nicht Knall auf Fall neue Leute. Und wir sind auch sehr glücklich mit denen, die wir da jetzt haben. Und wir glauben auch nicht, dass wir bei eigenem Suchen bessere Leute für diese Jobs gefunden hätten. Mit dem Management verstehen wir uns total gut und auch zur Plattenfirma können wir nichts Negatives sagen, die glauben an uns, die finden uns gut und haben uns alle möglichen Freiheiten gegeben, die wir so brauchen. Die kreative Freiheit war bei der Albumproduktion total gegeben.
SB: Stimmt, es gab Gedanken in die Richtung. Aber dann müssen wir uns vielleicht ja bald schon wieder umbenennen in Mrs. Platinbird - und da käme es dann wahrscheinlich schnell zu Verwechslungen mit Miss Platnum!
SB: Das liest sich auf dem Papier nach nem viel größeren Los als es letzten Endes gewesen ist. Das war der erste Auftritt unseres Duos, zwar noch unter anderem Namen, aber schon mit Songs, die wir heute noch spielen. Die haben in dem Club eben kurzfristig ein Akustikduo gesucht, und der Sänger meiner anderen Band, hat uns dann eben vorgeschlagen. Das war ne sehr schöne und coole Sache, aber de facto auch ne kleine Show. Da standen dann mehr Autogrammjäger vor der Tür, als Zahlende im Club waren. Die Show wurde nur sehr durchschnittlich beworben.
SB: Nein, das hat sich leider nicht ergeben. War alles recht stressig und er wurde sehr abgeschottet. Aber seine Begleitband war nicht nur sehr gut, sondern auch sehr nett.
SB: Den Jahresurlaub haben wir ja quasi schon letztes Jahr genommen… nein, wir sind mittlerweile beide frei und glauben, dass es zumindest eine Zeit lang als Vollzeitmusiker langt. Ich war ja vorher schon Freiberufler, ich muss also nur umschichten. Aber Sarah war bis letzte Woche noch Sozialpädagogin in Festanstellung, hat den Job aber leider erst mal aufgeben müssen - mit Option auf Rückkehr, die haben sich also im Guten getrennt. Das ist so ein kleiner Arbeitgeber hier in Köln, der sich im Bereich Behindertenpolitik einsetzt.
SB: Ja, genau. Weil sie schon länger in dem Beruf arbeitet, bin ich mit der Zeit auch so in das Thema rein gewachsen und wir haben auch einige Rollies in unserem Bekanntenkreis. Da gibt’s in der Öffentlichkeit noch viel Defizite in Sachen Information. Und es haben sich eben viele Leute an uns gewandt, wie das denn bei den Konzerten aussieht und wir haben das an unsere Bookingagentur weitergegeben, die das mit den Clubs geklärt hat.
SB: (zögert) Ja, schwer zu sagen. Natürlich kannte ich alle so vom Hörensagen her. Mit Sarah Connor konnte ich noch nie was anfangen, das war nie meine Musik, wird wahrscheinlich auch nie meine Musik werden. Wir haben uns kurz kennen gelernt und sie war immer sehr, sehr nett zu uns. Moses Pelham hatte ich vorher überhaupt nicht auf dem Schirm, den hätte ich nicht erkannt, wenn mir jemand ein Bild von ihm gezeigt hätte. Diese ganze deutsche Soul-Szene, Xavier Naidoo und andere 3p-Produkte hab ich nie konsumiert. Ich hatte also keine Erwartungen an ihn und war dann äußerst positiv überrascht. Er war immer sehr ehrlich und hatte vor allem immer ne sehr fundierte Meinung. Seine Beurteilungen haben immer auf sehr hohem Niveau stattgefunden.
SB: Ja, wobei, da kommen wir zum nächsten Kandidaten, nämlich zu (lacht) Uns-Hans-Peter (H.P. Baxxter, Sänger von Scooter - Anmerk. D. Verf.). Der wird meiner Meinung nach von allen permanent unterschätzt. Ich war nie Fan seiner Band, ich find die Musik ganz schaurig…
SB: (lacht) Ja, so ging mir das vor der Sendung auch. Da steckt aber schon einiges an Konzept dahinter. H.P. ist so der Typ Eisberg, man sieht relativ wenig von ihm und meint davon ausgehend, dass man den durchschaut hätte - man vergisst aber die Masse unter der Wasseroberfläche. Der hat tatsächlich richtig Ahnung und trägt sein Herz auf der Zunge. Der muss sich gar nicht pseudointellektuell verkaufen und ist sehr geerdet. Und in der Runde ist er mit großem Abstand der Erfolgreichste was so Sachen wie internationale Verkaufszahlen und Erfolge angeht.
SB: Ja, richtig. Da gab`s keine großen Überraschungen sag ich mal. Wir sind glaub ich sogar der gleiche Jahrgang. Das ist halt Musik, mit der man groß geworden ist. Und die Sandra ist dann auch so, wie man glaubt, dass sie ist.
SB: Nee, wir sind jetzt nicht alle Kaffee-Freunde geworden. Wir schreiben uns sporadisch Emails - mit Sandra aber eher selten.
SB: Dazu muss ich erst mal sagen, dass wir gar keine „sehr religiösen Menschen“ sind. Wir sind zwar Menschen die glauben und sich auch aktiv damit auseinandersetzen, aber wir sind weit davon entfernt uns als religiös zu bezeichnen. Das hört sich jetzt vielleicht etwas nach Erbsenzählen an, aber das ist für uns schon ein Unterschied. Ich finde Religion klingt immer so`n bisschen statisch, nach nem Konstrukt aus Regeln und Gesetzen, die man nach Möglichkeit befolgen sollte um möglichst nirgendwo anzuecken. Und es wäre mit Sicherheit spannend gewesen sich mal mit Moses darüber auszutauschen, aber das hat sich leider nicht ergeben, es würde mich aber freuen, wenn das vielleicht noch klappen würde!
SB: Am ehesten Die Toten Hosen, jeder findet doch zumindest irgendeinen Song der Hosen cool, oder? Das sind legendäre Urgesteine und ich geh einfach auch mal davon aus, dass die den Echo holen werden, die haben ein klasse Album abgeliefert im letzten Jahr. Bei Pur war ich persönlich überrascht, dass es die immer noch gibt!
SB: (lacht) Stimmt, die hat man sich ja schon in den 90ern weggewünscht!
SB: Wir haben einen Helfer, der ab und zu etwas postet, wenn wir gerade unterwegs sind, aber der gibt sich dann auch immer direkt zu erkennen. Aber sonst machen wir sehr viel selbst, wir lesen alles selbst, schreiben fleißig Nachrichten und beantworten auch viel. Mit physischer Post haben wir das eine Zeit lang ähnlich gemacht, da haben alle schriftlich Antwort bekommen. Wir haben auf den Seiten mittlerweile aber alle Nachrichtenfunktionen deaktiviert, weil es einfach unglaublich viel geworden ist. Sarah hat alleine über Facebook an die 3000 Nachrichten beantwortet.
SB: Ja, leidiges Thema. Der ist in Vorbereitung. Unser Merchandise wird auch über unsere Veranstaltungsagentur betreut und die sind gerade dabei den Shop aufzubauen. Uns wär`s auch lieber gewesen, wenn der schon online gewesen wäre, weil wir gerade vor Weihnachten ganz viele Anfragen bekommen haben. Aber wir haben eben auch den Anspruch darauf, nachhaltige Produkte zu produzieren, also eben keine billige China-Scheiße, die unter menschenunwürdigen Bedingungen mit viel Chemie produziert wird!