Die Strizzis scharren mit den Hufen: Django 3000

In knapp vier Jahren haben es die vier Chiemgauer von Django 3000 bereits auf drei Alben gebracht. Mit jeder Veröffentlichung, und vor allem durch ihre leidenschaftlichen Liveshows, verbreitete sich der Name der Combo mehr und mehr. Ende Januar erscheint ihr fantastisches, neues Album „Bonaparty“ (CD-Besprechung weiter hinten im Heft!), das die seither erreichten Chartplatzierungen bestimmt spielend toppen wird. Mit Erscheinen des Hefts mutiert die Band, ganz passend zum Gypsy-Sound, zum fahrenden Volk und ist monatelang unterwegs, im Februar u.a. in Ulm. Und das Versprechen, das die Band auf CD gibt, wird live imposant und mitreißend eingelöst - also auf zur Bonaparty! Der „nackte“ Mann am Kontrabass, Michael Fenzl, stand uns im Vorfeld der Tour Rede und Antwort. Das tat er natürlich in bayerischer Mundart, was hier zwecks allgemeiner Verständlichkeit zu Hochdeutsch zurecht gebügelt wurde.

XAVER: Michael, Ihr habt umtriebige Wochen vor Euch. Im Februar, März und April seid Ihr auf Tour und im Sommer werden bestimmt sackweise Festivals gespielt. Probt Ihr gerade für die Tour? Oder ruht Ihr Euch eher noch aus, um die Akkus für die anstrengende Zeit zu laden?

Michael Fenzel: Proben tun wir schon, aber gar nicht so intensiv viel. Weil wir dadurch, dass wir die Platte ja frisch aufgenommen haben, sowieso fit und die Songs drin sind. Da reichen uns zwei, drei Blockproben und dann kann es losgehen. Wir haben mit dem neuen Material mittlerweile auch schon zwei Shows daheim gespielt, wir sind also schon bereit!
X: Und wahrscheinlich entsprechend begierig endlich loszulegen…

MF: Wir sind schon ganz unruhig… scharren mit den Hufen! (lacht)

X: Das ist jetzt alles recht schnell gegangen. 2011 seid Ihr als Band an den Start und legt jetzt Euer drittes Album vor. Ihr seid ja richtig fleißig!

MF: Ja, stimmt. Aber das waren wir schon immer. Früher hatten wir eine andere Band und auch da haben wir fast jedes Jahr eine Platte gemacht. 2011 fiel dann der Startschuss für Django 3000 und wir haben ganz, ganz schnell zum Song „Heidi“ eine Platte produziert und seitdem an sich keine Pause mehr gemacht. Wir schreiben auch ständig neues Material, haben viele Ideen und die wollen wir natürlich auf Platte bringen. Und so kommt eben eine nach der anderen raus.
X: Na, die Plattenfirma wird’s freuen, wenn Ihr so emsig seid!

MF: Klar, und das passiert ja auch alles in Absprache mit dem Label. Wir können ja nicht einfach so eine neue Platte rausbringen. Das läuft Hand in Hand. Wir bringen eine Platte raus und gehen mit der auf Tour. Nach der Tour gibt es etwas Erholungszeit, oder man schreibt bzw. produziert und dann hat man eine neue Platte und es geht wieder von vorne los. Bei international auftretenden Weltstars läuft das ja noch etwas anders, die brauchen nicht jedes Jahr ein neues Album zu veröffentlichen, da passt das auch mit vier oder sogar acht Jahren Abstand. Bei uns ist das noch ein bisschen anders, und: Wir spielen einfach auch gern!

X: Zu Beginn wart Ihr noch zu fünft. Was wurde denn aus dem fünften Mann?

MF: Wir hatten, wie schon erwähnt, vorher eine andere Band. Die hatte Spielpause und wir haben einfach mal rumexperimentiert. Die andere Band war so im Kleinkunstbereich zu Hause, mit Kunst stark verbunden und mit Sitzpublikum. Wir wollten aber irgendwie zurück zu unseren Wurzeln und Rockmusik machen. Im Rahmen unseres Musikstudiums haben wir uns stetig weitergebildet und so den Draht zur Kunstmusik gefunden. Aber wir wollten eben zurück zu Rock, zu Pop, zu Party, zu Bayern. So entstand ein instrumentaler Song, den wir herumgereicht haben. Und ein uns damals Unbekannter hat dann den Text „Heidi“ zu diesem Song geschrieben. Der Song kam zu uns zurück und hat uns super gefallen. Wir haben uns mit dem getroffen, weitere Songs geschrieben, aber auch schnell gemerkt, dass die Interessen auseinander gehen. Er hatte was anderes vor als wir und wir haben dann recht schnell zu viert weitergemacht. Der Lorenz, der den Text geschrieben hat, der macht sein eigenes Ding, ist Hotelfachmann und macht Musik nur noch als Hobby.
X: …und freut sich über die regelmäßigen „Heidi“-Tantiemen von der GEMA!?

MF: Ja, genau. Hat er sich ja auch verdient.

X: Im Bandinfo werdet Ihr als Strizzis bezeichnet. Kannst Du das für Nicht-Bayern übersetzen?

MF: (lacht) Ja, Strizzi … ich finde den Begriff ja fast schon zu brav. Ein Strizzi ist einer, der es faustdick hinter den Ohren hat … der es gerne ein bisschen bunt treibt. Aber ich finde das fast ein bisschen verniedlichend.
X: Ach, dann geht das so in Richtung Lausbub?

MF: Ja, genau! Und das finde ich persönlich viel zu harmlos.
X: Ach, dann seid Ihr viel schlimmer?

MF: (lacht) Nein, nein, wir sind überhaupt nicht schlimm. Wir sind halt einfach nur gerne am Feiern und genießen das Leben! Wobei es natürlich die zwei verschiedenen Facetten in unserem Leben gibt. Einerseits das Feiern, das Spielen und das Rumziehen, andererseits aber dann die Phasen, wo wir richtig sesshaft zu Hause sind und uns um unser leibliches Wohl kümmern und man wieder etwas zu sich kommt.

X: Ende Januar erscheint das dritte Album, das gleichzeitig das Erste für ein Majorlabel ist. Wie kam es zum Majordeal? Wurde das bandintern vielleicht auch kontrovers diskutiert?

MF: Das wurde auf jeden Fall intern besprochen. Wir haben die zwei vorherigen Alben ja bei kleineren Labels rausgebracht, hatten aber schon vor dem zweiten Album Gespräche mit verschiedenen Majorlabels geführt. Wir haben das damals schon diskutiert, fanden aber, dass das weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Deal ist. Jetzt sind wir ein bisschen reifer und mit der Sony sind wir uns auch einig geworden und haben gemerkt, dass man mit denen zusammenarbeiten kann, ohne dass wir uns verbiegen müssen.

X: Bei der Recherche habe ich mir auch viel ältere Songs von Euch angehört. Da hat sich soundmäßig schon einiges getan beim neuen Album. Es klingt alles viel runder - siehst Du das genauso?

MF: Ich sehe das ähnlich. Vor allem im Vergleich zur ersten Platte. Denn die haben wir aufgenommen, zu einem Zeitpunkt, als es die Band noch gar nicht wirklich gab. Wir haben also beim Aufnehmen im Studio unseren Sound kreiert. Und das hört man doch ein bisschen, dass da noch viel im Entstehen ist. Auf der zweiten Platte war alles schon viel runder und wir wussten, was wir als Band wollen. Und jetzt, mit dem neuen Album, sind wir wieder ein ganzes Stück gewachsen, profitieren von den vielen gemeinsam gespielten Konzerten und jeder weiß, was er zu tun hat. Aber wir hatten eben auch mehr Zeit und ein größeres Budget - noch so ein Vorteil, wenn man ein Major hat.
X: Das ist erfahrungsgemäß eine schwierige Frage, aber hast Du einen Lieblingssong?

MF: Das ist wirklich schwer. Mir gefallen sehr viele Songs und ein Lieblingssong stellt sich vielleicht auch erst live heraus, denn da gibt es verschiedene Aspekte. Es gibt Songs, die ich sehr, sehr gerne live spiele, die mir auf Platte aber gar nicht so wichtig sind. Das hat oft auch damit zu tun, wie komfortabel das auf der Bühne dann ist. Aber es gibt tatsächlich einen Song auf dem Album, nämlich der Titelsong „Bonaparty“, der in einem ganz großen Kollektiv entstand und somit etwas Besonderes ist. Auf unserer Russlandtour haben wir eine finnische Band getroffen, die auch gerade dort auf Tour war und mit der wir ein gemeinsames Konzert hatten. Und wir haben uns so gut verstanden, dass wir zwei Songs gemeinsam gespielt haben. Es hat sich dann so ergeben, dass wir zwei Tage miteinander verbrachten und viel feierten. Und unterm Feiern ist der Refrain zu „Bonaparty“ entstanden. Wir wollten da unbedingt etwas draus machen und haben die Finnen zu uns ins Studio eingeladen und den Song gemeinsam fertig aufgenommen und produziert. Da war viel Spaß im Spiel…
X: Das Volk der Finnen gilt ja als ein sehr trinkfestes. Konntet Ihr dieses Vorurteil am lebenden Objekt überprüfen?

MF: Oh ja! (lacht) Das hat sich absolut bestätigt. Da waren die Finnen, die Russen und wir Bayern. Und die Finnen haben so was von gewonnen!
X: Wie jetzt? VOR den Russen?

MF: Ja! Die jüngere russische Generation ist da sehr vorsichtig geworden und hat erkannt, was der Alkoholkonsum so an Schaden anrichtet. Die verstehen es durchaus zu feiern, haben es aber deutlich reduziert. Wenn ich eine Rangliste aufstellen würde, dann wäre die: Finnen, Bayern, Russen.
X: Silber für Deutschland und das vor Russland. Respekt! Habt Ihr denn schon mal in Finnland gespielt?

MF: Nee, die Finnen spielen jetzt erst mal drei gemeinsame Shows mit uns im März. Die Finnland-Shows sind aber in Planung und wir hoffen, dass das klappen wird!

X: Diese sechs Shows der Russland-Tour habt Ihr mit „kleinem Besteck“ gemacht, seid teilweise mit der Bahn gefahren und habt Euch dann vor Ort vom vorhandenen Material überraschen lassen. War recht abenteuerlich, oder?

MF: Ja, dank der Unterstützung des Robert Bosch- und des Goethe-Instituts kam das ganze Projekt überhaupt zustande, und abenteuerlich trifft es wirklich sehr gut! Wir hatten nur das Nötigste dabei, aber meinen Kontrabass musste ich direkt in Moskau lassen, weil der eben bei der Reise mit dem Zug nicht tragbar gewesen wäre. Wir haben für die einzelnen Shows vor Ort also ein Schlagzeug, einen Kontrabass und eine Anlage bestellt. Das war dann aber sehr unterschiedlich, was wir jeweils vorgefunden haben. War sehr spannend, wir wussten aber schon im Vorfeld, dass es ein Abenteuer wird. (lacht)
X: Und komische Pflanzen haben die da in Russland…

MF: (lacht) Ach, ist Dir das aufgefallen im Clip? Ja, wir waren da in so einem komischen Hotel - nennen wir es mal Hotel (lacht) und direkt um die Ecke war ein riesiges Feld dieser fünfblättrigen Pflanze. Was die da wohl damit gemacht haben? Sah auf jeden Fall total schön aus! (lacht)

X: Viele Eurer Songs sind textlich in bayerischer Mundart gehalten, musikalisch seid Ihr aber sehr vielfältig, ja quasi multikulti aufgestellt. Spielt ihr im nicht deutschsprachigen Ausland andere Songs als in Deutschland?

MF: Nö, wir spielen immer die gleichen Songs. Und wir haben weder ein spezielles Auslands- noch ein spezielles Norddeutschland-Programm. In Sachen bayerischer Mundart ist es ja auch egal, ob ich in Hamburg oder Finnland spiele, verstanden wird das ähnlich schlecht. Die Konzerte sind dann aber eben ein bisschen anders, weil die Musik auf den Sound, die Melodien und die Stimmung reduziert wird. Die Bilder, die man mit den Texten schreibt, fallen weg. Die Stimmung bleibt aber die gleiche. Die Hamburger meinten nach der Show: „Hey, wir haben kein Wort verstanden, aber es war echt super!“. Uns hat das total gefreut, dass die Leute das total abfeiern, auch wenn sie kein Wort verstehen - egal ob nun in Hamburg, Dänemark oder Russland. Musik ist eben international!

X: Wie fühlt man sich eigentlich so als einziger „Nackter“ in der Band?

MF: Ach Du meinst, weil ich keinen Bart trage? (lacht) Das war für mich nie so ein Thema. Der Jan und der Flo haben irgendwann einmal angefangen sich ihre Bärte richtig lang wachsen zu lassen, der Kamil hatte immer schon so was Halblanges. Ich finde es auch super, wie das wirkt und ausschaut, bei den Jungs, aber für mich ist das kein Ding. Jeder so, wie er will - dafür werden bei mir die Arme immer bunter. (lacht)
X: Ah, auch cool. Man muss ja auch irgendwohin mit dem vielen Geld, Du investierst also in Tinte!

MF: Oh ja (lacht)!

X: Euer Geiger Florian saß mit einem gewissen Stefan Dettl auf der Schulbank, den man ja von Labrassbanda kennt. Das Chiemgau scheint gerade im Musikbereich gute Schularbeit zu leisten. Oder wie erklärst Du Dir die hohe Dichte aktiver und eigenständiger Acts? Rockbands gibt es ja viele, aber so was mit eigenem Sound …

MF: Ich weiß gar nicht, ob die beiden tatsächlich in der gleichen Klasse waren, aber sie kennen sich sehr gut. Wir wurden da schon verschiedentlich drauf angesprochen und ich sage immer gerne, dass es vielleicht am Wasser liegt! (lacht)


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