Der Lauteste hat Recht: Beatsteaks
Seit 15 Jahren gibt es jetzt bereits die Berliner Alternative- (?), Pop- (?), Punk- (?)-Band Beatsteaks. Ihr Album „Smacksmash“ war 2004 der große Durchbruch und seitdem sind die sympathischen fünf Herren gar nicht mehr wegzudenken von den Bühnen der großen Festivals des Landes. Mit großer Spannung erwartet die Fanbasis das neue Album, das Ende Januar erscheinen wird, und aus eben diesem Anlass wurde Ende 2010 in ein großes Münchner Hotel zum Pressegespräch geladen. Vor dem Interview gab’s Gelegenheit, schon mal ins neue Album reinzuhören und das dürfte wohl wahrlich keinen Fan enttäuschen - die Beatsteaks in bestechender Form! XAVER hatte ein sehr angenehmes Gespräch mit dem überraschend klein gewachsenen Gitarristen Peter Baumann. Der spricht natürlich im Original breitestes Berlinerisch, das sieht geschrieben aber immer irgendwie albern aus, deswegen in der Folge eine hochdeutsche „Übersetzung“.

Peter Baumann: Ja, noch macht es Spaß. Ist auch eine überschaubare Interviewtour und es ist ja auch mal was anderes. Wir saßen jetzt so lange an der Platte und sitzen zur Zeit auch immer noch dran (Sänger Arnim und Drummer Thomas weilten zum Zeitpunkt der Promotour in Los Angeles, um letzte Hand an den Mix zu legen), da tut so ein kleiner Tapetenwechsel ganz gut. Und man kriegt auch Feedback!
PB: Naja, seither haben wir’s ja immer nur selber gehört und jetzt ist man schon gespannt... Es ist ja noch ein Neugeborenes, und so sind wir als Eltern auch noch besonders aufgeregt, aber es macht schon Spaß, so die ersten Meinungen zu hören.
PB: Alle sehr positiv, muss ich sagen!
PB: Nein. Wir waren zuerst in einem Studio, um es dort „richtig“ zu machen, mussten dann aber schnell feststellen, dass die Demos, die wir vorher gemacht hatten, uns allen besser gefallen haben. Möglicherweise war das rein klangtechnisch vielleicht etwas besser, aber was in Sachen Gefühl und Spielfreude im Proberaum zustande kam, war viel mehr wir. Dann haben wir uns entschlossen, das Studio abzusagen, das Geld zu nehmen und es in ein paar bessere Mikros zu investieren und somit die Aufnahmesituation bei uns im Proberaum professioneller zu gestalten, so dass man das dann im Anschluss auch jemand zum Mixen anbieten konnte. So konnten wir also Musik machen, wenn wir uns gut damit und dabei fühlten und nicht, wenn die rote Lampe in einem Studio leuchtet.
PB: Ja, genau, die waren auch bei Moses Schneider. Denen hat offensichtlich was gefallen. Da muss man als Band eben entscheiden, was man fühlt. Wir haben ja schon von vorneherein drei Gitarren, aber die setzten wir jetzt auch nicht immer ein. Es gibt Lieder, bei denen nur eine Gitarre läuft...
PB: Eben. Wir wollten dieses Mal auch nichts verstecken, sondern zeigen, dass es eben auch so geht.
PB: Ja. Obwohl, sagen wir mal so... Thomas bringt die allermeisten und die allerbesten Demos bei uns an. Und da ist eben viel auf dem Klavier. Bisher haben wir immer viel davon auf die Gitarren übersetzt. Bei der neuen Single „Milk & Honey“ war das nicht so recht ersetzbar, weil eben auch der Sound des Klaviers elementar für uns war. Und dann blieb irgendwie nur ich übrig, der sich das draufpacken konnte. Ich habe lange geübt, wir haben Fotos von den Handstellungen gemacht und ich hab’ mir die Tasten abgeklebt usw. und dann wirklich lange mit Sehnenscheidenentzündung usw. geübt. Und jetzt kann ich eben dieses Lied spielen.
PB: Nee, gar nicht.
PB: Im allerbesten Fall müssen wir da nicht lange kämpfen. Mir war es diesmal am Ende fast egal, weil ich irgendwie jedes Lied toll fand, so konnte ich auch ganz entspannt die anderen aussuchen lassen. Es haben sich dann schnell zwei, drei Kandidaten herauskristallisiert, die auch ein gewisses Radiopotential hatten - danach kann man ja auch mal gehen, man will ja auch, dass das gespielt wird und will die Songs nicht geheim halten (lacht). Es gibt nicht den einen repräsentativen Song für das Album, den gab’s auch noch nie.
PB: Ja, aber das wechselt immer mal wieder. (zögert und nuschelt) Im Moment ist „Access Adrenalin“ ein Favorit, da tauche ich immer direkt in so eine Welt ein, wenn ich das höre.
PB: Genau, es stoppt nicht.
PB: Genau, denn der wird jetzt gerade noch gemischt. „Milk & Honey“, die Single, ist fertig gemischt und gemastert, die anderen neun sind auch fertig gemischt. Fehlt jetzt als noch der Mix des elften Songs und dann Mastern bei zehn.
PB: Ja. Bei einem Song gab’s von früher noch ein Instrumental, da haben wir „nur noch“ den Gesang draufgepackt. Und dieses Weihnachtslied, das haben wir jetzt tatsächlich an zwei Tagen schnell gestemmt. Wir haben uns diese Version angehört, Torsten ist mit dem Song nach Hause marschiert, hat sich den Bass rausgehört und die Gitarristen haben mal wieder gemacht, was sie wollten (lacht). Und darauf bin ich total stolz, dass das eben auch geht. Wir können monatelang an einem Lied rumschrauben, wir können aber auch richtig schnell Lieder machen.
PB: Nee, das hatten wir in der Art ja auch schon, das erschien uns bei den Aufnahmen also nicht so spannend. Wir haben uns dann eher für so eine kleine Piratensache wie BeatTV entschieden. Das ist nicht so an ein Medium gebunden, so mit Anklicken etc., und das macht uns wesentlich mehr Spaß und ist auch viel spontaner. Wir können, während wir was machen, eine Folge drehen und die auch wieder verwerfen, wenn wir sie nicht gut finden. So wie wir eben auch musikalisch versuchen, uns nicht so oft zu wiederholen.
PB: Ja, total. Man wünschte sich fast, es würde noch länger laufen!
PB: Über 200! Und wir waren ehrlich überrascht, wie sehr das Fahrt aufgenommen hat! Ich hätte echt nicht gedacht, dass sich so viele Leute hinsetzen und was machen - ich war richtig von den Socken. Dass wir uns statt für einen jetzt für zwei Gewinner entschieden haben, zeigt ja schon, dass wir es uns nicht leicht gemacht haben mit der Entscheidung.
PB: Nee, das ist es ja! Da ist nicht viel Hintergrundwissen da, das ist alles eher so autodidaktisch.
PB: Wir haben es aber auch nie in Betracht gezogen. Für uns hat es sich wirklich immer nur um eine Pause gehandelt. Da wurde dann mehr hineininterpretiert. Wir sind ja auch nicht blöd. Aber es ist auch klar, wenn man etwas über eine längere Zeit sehr intensiv betrieben hat und dann eine längere Pause einlegt, dann ist natürlich auch eine gewisse Gefahr da, dass man nicht mehr zusammenfindet. Die Zeit bleibt nicht stehen, es geschehen viele Dinge - auch im Privaten. Wir hätten es aber nicht erzwungen, wenn’s nicht mehr geklappt hätte. Aber es hatte auch keiner in der Band einen Plan B, was nach der Band passieren würde, von daher... Und diese Pause ist natürlich auch selbstfinanziert gewesen. Wir haben alle Wohnungen, wir müssen auch alle Rechnungen bezahlen. Somit ging das Geld, das wir uns erspielt hatten, auch irgendwann zur Neige. Es ist jetzt auch nicht so, dass wir uns ständig reich beschenken, das Geld bleibt schön bei uns in der Firma sozusagen (lacht). Es besteht ja eine große Gefahr darin, dass man den Fuß nicht mehr in die Tür bekommt, oder dass manche Sachen eben nicht mehr so funktionieren. Zum Glück haben wir das alles wieder sehr gut hingebogen - aber es war nicht so einfach wieder zusammen zu finden, auf ein Level zu kommen und Musik zu machen, wie man sich das vielleicht vorstellt!
PB: Ja, bei mir ist das alles nicht ganz so glücklich gelaufen. Mein kleiner Sohn ist direkt zu Anfang der Pause sehr krank geworden und somit hab’ ich quasi ein komplettes Jahr lang gar nicht richtig nachdenken können. Ich war dann vier Mal im Krankenhaus in dem Jahr und wenn wir aktiv gewesen wären zu der Zeit, hätte ich mich rausnehmen müssen, das wäre keinesfalls gegangen zu der Zeit. Ich hab’ also weder Pause noch Urlaub gemacht in der Zeit und als ich das alles hinter mir hatte, ging’s dann auch schon wieder los mit der Kapelle. Um da was Positives rauszunehmen: Es ist auch eine Wertung herausgekommen, was man eben als wichtig erachtet im Leben und was nicht - und das hat mir dann auf eine andere Art geholfen im Leben.
PB: Nee. Das wäre wohl doch zu viel und es ist auch finanziell gar nicht so machbar. Sprich: Der andere Teil der Familie muss auch arbeiten gehen. Vielleicht wenn die Kids dann mal älter sind. Wir hätten gar keinen Platz mehr und wollen uns das auch gar nicht leisten. Dann lieber an einem freien Tag besuchen, aber ansonsten brauch’ ich auch diese Trennung. Zuhause ist Entspannung und auf Tour ist eine positive Anspannung. Das wäre schwer unter einen Hut zu bringen und da wären wohl die Erwartungen zu hoch. Ich finde es auch gut, mal eine Zeit getrennt zu sein, dann weiß man wieder, was man hat!
PB: Wir versuchen das so gut wir können. Wir versuchen, nicht immer bei allem anti zu sein, aber wir müssen eben auch unbedingt beschützen, was uns ausmacht. Und somit können wir eben nicht so ultra durchstrukturiert sein. Für uns ist es schon eine totale Neuheit, dass wir uns jetzt aufgeteilt haben. Dass zwei Leute weiterhin die Mixe betreuen und die anderen drei auf Promotour gehen.
PB: Ja, das ging jetzt eben mal nicht anders, fühlt sich aber total toll an, weil alle mehr Verantwortung übernehmen. Es ist nicht wie sonst so ein Gemeinschaftsding und der Lauteste hat Recht, sondern es wächst eben auch so zusammen und wird richtig.
PB: Nein, ich bin ja naiv genug zu glauben, dass das das Ding ist (lacht). Ich weigere mich also relativ resistent dagegen, einen Plan B zu entwickeln. Ich will im Moment einfach alle Kraft in die Band stecken, auch wenn das vielleicht ein bisschen blauäugig ist. Fakt ist, dass ich natürlich große Schwierigkeiten hätte, jetzt wieder einen normalen Job in einer Firma anzufangen, mit einem Chef, der mir sagt, was zu tun ist. Wenn es nicht anders ginge, würde ich aber auch das machen. Ich bin ja Familienvater, wenn also Geld her muss, dann fahr ich auch Pizza aus!