Maximal Freude: Tim Bendzko

Er muss ja nur noch kurz die Welt retten! Der junge Mann, der tatsächlich mal evangelische Theologie studiert hat, ist dieser Tage gefragt wie kaum ein anderer deutscher Promi: Tim Bendzko. Die Erfolge haben für den Sänger aber auch den „Nachteil“, dass jetzt alle mit ihm sprechen wollen und er permanent Interviews geben muss. Schön, dass er sich auch Zeit für ein Pläuschchen mit dem XAVER genommen hat. Und obwohl sein Wecker ihn bereits um 6.30 Uhr aus den sicherlich süßen Träumen gerissen hat, ist er erstaunlich freundlich, smart und sympathisch. Und er berlinert sogar ein bisschen, sweet. Der Mann wird seinen Weg gehen, und er wird in naher Zukunft in Interviews bestimmt auch nicht mehr so freimütig mit Informationen sein, die man ihm hier und da auch zu seinem Nachteil auslegen könnte.

XAVER: Tim, bist Du allgemein Frühaufsteher oder dieser Tage eher gezwungenermaßen?

Tim Bendzko: Ach, ich bin schon Frühaufsteher, aber ich sag’ mal, es gibt auch Grenzen. Wenn ich jetzt von alleine um sieben aufwache, dann ist das ok. Später als acht werde ich eigentlich nie wach. Aber wenn ich mir den Wecker stellen muss, um wie letztens um 4.30 Uhr aufzustehen, dann ist das schon hart.
X: Kürzlich warst Du erneut bei Stefan Raab zu Gast und ich habe mich direkt wieder mal über ihn geärgert, weil er oft so offensichtlich unvorbereitet ist.

TB: Er kriegt eigentlich immer richtig viele Informationen von seinem Team hingelegt. Nur: Manchmal liest er das und manchmal eben auch nicht. Ich hab’ mich da aber trotzdem köstlich unterhalten und hatte Spaß.
X: Das hat man gemerkt. Ich fand das sehr cool und mutig von Dir, dass Du direkt Paroli gegeben hast und ihn darauf aufmerksam gemacht hast, dass er Dir die Frage nach Deiner Berliner Herkunft genau so schon bei Deinem letzten Besuch gestellt hat.

TB: Naja, beim letzten Mal haben sie dann viel rausgeschnitten, weil ich den ein oder anderen Satz gesagt habe, den ich mir mal lieber gespart hätte.
X: Tim, hast Du dieser Tage verstärkt Angst, dass Du im Hörsaal aufwachst und in der Theologievorlesung nur kurz weggedöst bist?

TB: Nee, da mach’ ich mir gar keine Sorgen. Aus dem einfachen Grund, weil ich jetzt schon mehrfach nachgeprüft habe, ob das wirklich passiert. (lacht) Dafür geht das dann auch alles schon zu lange, wenn man bedenkt, was hier jetzt seit Ende Mai passiert.
X: Erfolg ist dieser Tage Dein zweiter Vorname. Preise, Charts, ausverkaufte Shows - was war für Dich persönlich seither der größte Erfolg?

TB: Das finde ich jetzt ja schon wieder ganz geil. Am Anfang hat man mich gefragt, ob ich mich freue, dass ich so erfolgreich bin. Und jetzt fragt man mich schon nach meinem größten Erfolg! Da habe ich also offensichtlich einen ganz schönen Sprung gemacht. Ich freue mich in erster Linie, dass ich jetzt das machen kann, was ich immer machen wollte. Und ich freue mich, dass das Album jetzt endlich Goldstatus hat. Obwohl, endlich klingt da auch schon wieder komisch, aber es zeichnete sich ab, dass es wohl Gold schaffen wird und dann sitzt man jede Woche da und kuckt, wie viele es denn mittlerweile sind. Das mit dem Goldstatus haben wir am Mittwoch geschafft und direkt am Donnerstag dann den Bundesvision Song Contest gewonnen, was ja schon abgefahren ist. Da kann man auch nichts mehr schön reden, das ist schon eine große Sache, weil es eben der einzige Wettbewerb ist, den es auf dieser Ebene gibt. Und wenn man das Ding dann gewinnt… da kann nicht mehr sehr viel kommen auf dem Gebiet. Und ich freue mich ganz besonders über dieses Tourding. Ich glaube, die gesamte Tour ist schon seit zwei Monaten ausverkauft… das ist alles irgendwie utopisch, man weiß gar nicht, worüber man sich zuerst maximal freuen soll! Ich freue mich jetzt einfach mal pauschal, dass alles, was an diesem Album hängt, dass das alles viel, viel besser funktioniert, als wir uns das vorher ausgemalt haben.
X: Wer war denn vor dem BuViSoCo Dein Favorit auf den Sieg?

TB: Also erst hab’ ich gedacht, dass Bosse feat. Anna Loos abräumen würden. Nach den Proben war ich aber ganz eindeutig für Flo Mega, weil der Typ eben gleich mehrere Geister in sich vereint, ob nun Joe Cocker, Herbert Grönemeyer oder auch Phil Collins. Sein Auftritt war mega, aber dadurch, dass ich vorher eben schon etwas bekannter war, hatte ich da wohl einen kleinen Vorteil. Ich glaube, wenn Flo Mega vor dem Contest schon auf einer ähnlichen Erfolgswelle wie ich geschwommen wäre, dann hätte er uns da alle in Grund und Boden gestampft und mit der Maximalpunktzahl gewonnen!
X: Hast Du gezögert, als es darum ging, am Bundesvision Song Contest teilzunehmen?

TB: Man bewirbt sich da ja, und das war auch keine Frage, dass wir Bock drauf haben. Als dann allerdings die Frage kam, ob wir auch für ein anderes Bundesland als Berlin antreten würden, war das für uns keine Diskussion - „Nee, Freunde! Als Berliner tret’ ich doch nicht für Brandenburg oder sonst was an!“. Das war dann aber das einzige, worüber wir nachgedacht haben. Ansonsten hat die Veranstaltung viel Spaß gemacht, obwohl es keine Spaß-Veranstaltung ist. Diese Massen an Leuten erreicht man als Newcomer sonst eben einfach nicht. Auch alle, die jetzt 2011 nicht gewonnen haben, dürften enorm von dieser Plattform profitiert haben - etwa Glasperlenspiel, die ja einen enormen Sprung in den Charts gemacht haben. Man sieht das auch ganz gut an meinem Facebook-Auftritt. Vor dem Auftritt waren es 94.000 Fans - was ja schon krass ist in der kurzen Zeit von April bis jetzt. Heute sind es 115.000! Und das nur durch diese Veranstaltung! Und auf die Albumverkäufe hat das wahrscheinlich ähnliche Auswirkungen.
X: Du hast gerade Facebook angesprochen.

Du pflegst Dein Profil tatsächlich selbst?
TB: Ja, natürlich, das ist ja mein Profil!
X: Naja, aber bei vielen prominenten Künstlern machen das bestimmt Leute von der Plattenfirma oder sonstige Mitarbeiter; das ist ja auch zeitintensiv…

TB: Ja, meine Homepage machen auch professionelle Leute, aber immer wenn da in der Ich-Form etwas geschrieben wird, dann ist das das Mindeste, das man das auch selbst macht und nicht nur vorgibt, dass das so ist. So was finde ich einfach nur total traurig… Anfangs hatte ich sogar noch meine E-mail-Adresse bei Facebook angegeben, das wurde dann aber schnell zuviel des Guten.
X: Auf Deinem Facebook-Profil hast Du auch einen Clip von Deinem Besuch auf dem Oktoberfest gepostet. Da hat mich überrascht, dass Du Dich da so ungestört im Bierzelt aufhalten konntest…

TB: Na gut, das war auch nicht so ganz öffentlich, das war ja das Käferzelt und da kommt man ja nur rein, wenn man tierisch Connections hat oder eben halbwegs prominent ist. Aber auch sonst -letztens war ich mit meiner Freundin den ganzen Tag in Berlin unterwegs und wurde nicht ein einziges Mal angesprochen. Natürlich erkennen mich jetzt mehr Leute als vorher, aber meist sprechen die mich deshalb nicht unbedingt an. Aber am Tag nach dem Sieg beim Bundesvision Song Contest war ich beim Mediamarkt, und (lacht) das war ein Fehler!
X: Und was hast Du Dir geholt beim Mediamarkt? Nur CDs oder hast Du direkt etwas vom neu verdienten Geld in einen Flatscreen-Fernseher angelegt?

TB: (lacht) Ja, es ist ja so, wenn man ein bisschen Erfolg und eine entsprechende Öffentlichkeit hat in Deutschland, dann ist es nicht so sehr die Frage, ob man sich etwas leisten kann, was man gerne haben möchte, es geht dann eher darum, wen man fragen muss, damit die einem das Gewünschte vorbeibringen. Und das habe ich gerade letztens mit einem Fernseher wirklich so gemacht.
X: Auf der neuen Single ist auch ein seither unveröffentlichter Song namens „In Dein Herz“. Hast Du den gerade neu aufgenommen oder war der gleich als B-Seite geplant?

TB: Den hab’ ich tatsächlich letztens recht spontan aufgenommen. Das war zwei Wochen vor dem New Pop Festival, als ich so krank war. Interessant ist auch, dass ich zu der Zeit ständig Termine hatte und dann tatsächlich erst so zehn Minuten vor dem Einsingen den Text geschrieben habe. Und ich finde, dafür ist das ganz gut geworden! (lacht)
X: Du kämpfst also nicht um jede Zeile, sondern Dir geht das alles eher locker von der Hand?

TB: Nee, an sich gar nicht, sonst dauert das immer ewig. Aber in dem Fall war es eben so Extrem-Brainstorming. Wobei ich den Refrain schon ein paar Wochen vorher fertig hatte, die Strophen aber ewig rumgewälzt habe…
X: Du bist als Sieger aus einem Talentwettbewerb hervor gegangen und hast danach direkt einen Vertrag bei Sony unterschrieben. Gab’s andere interessierte Firmen und hat Dich so ein Major vielleicht auch erst mal erschreckt?

TB: Ja, das ist richtig, dass das zeitlich so aufeinander folgte, das war aber keine Kausalkette.
X: Ok. Gab’s denn andere Firmen, die Interesse hatten, hat man sich vielleicht sogar um Dich geschlagen?

TB: Naja, geschlagen hat sich niemand um mich. Ich hab’ halt diesen Wettbewerb gewonnen und völlig unabhängig davon meinen Job als Auktionator gekündigt, um mich auf die Musik zu konzentrieren. Zu dieser Zeit kamen dann mehrere Plattenfirmenleute zu Konzerten und hätten uns wohl alle auch gern unter Vertrag genommen. Wir haben uns dann für die Sony entschieden, weil die grade in so einer Aufbruchstimmung waren.
X: Und vorher hast Du als Auktionator gearbeitet?

TB: Ja genau, ich habe Autos versteigert!
X: Dann kennst Du Dich jetzt also gut aus in Sachen Autos?

TB: Ja, schon. Nicht unbedingt so in Richtung Kfz-Mechaniker, ich hab’ keine Ahnung, wie ein Auto funktioniert. Aber in Sachen Ausstattung kenne ich mich aus und kann aus der Entfernung mal alle gängigen Autos erkennen.
X: Darf ich fragen, was Du selbst für ein Auto fährst?

TB: Ich fahre noch einen Audi Q 5, bekomme aber nächste Woche einen Audi A 7.
X: Der steht dann neben dem Fernseher vor der Tür?

TB: So ungefähr. Aber die Fahrzeuge werden jeweils nur für vier Monate geliehen, dann bekomme ich ein anderes. Aber ich muss auch ein Konzert dafür spielen!
X: Das ist bestimmt auch sehr schlimm für Dich!?

TB: Total fürchterlich! (lacht)
X: Wie Du die Songs damals aufgenommen hast, hattest Du da schon das Gefühl, dass das was Großes werden könnte? Wenn man Deinen Song „Ich kann alles sehen“ hört, könnte man es meinen!

TB: Nee, gar nicht. (lacht) Also vor dem Studio war ich relativ überzeugt vom Material. Im Studio war das dann aber alles ganz neu für mich, ich hatte ja keine Ahnung, wie so eine Produktion abläuft. Man muss da am Tag ca. 300 Entscheidungen treffen und das war alles schon sehr, sehr stressig und es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich da Spaß hatte. Das war also drei Monate lang eine unfassbare Anstrengung. Als es dann aber fertig gemastert bei mir ankam, da habe ich dann schon gedacht: „Das ist ja eigentlich schon ziemlich geil!“ Da hatte ich also einen kurzen Moment, in dem ich dachte, dass es was werden könnte. Danach hatte ich dann aber nur noch Panik, ob es jemand interessiert und ob es jemand kauft! (lacht)
X: Du hast in den letzten Monaten u.a. im Vorprogramm von Elton John, Joe Cocker und auch von Philipp Poisel gespielt. Wo hast Du Dich am wohlsten gefühlt?

TB: (überlegt) Eigentlich bei Philipp Poisel. Wenn wir dort gespielt haben, hat uns das Publikum immer schon gekannt. Ich kann mich an das erste Konzert der Tour erinnern, das war kurz nach der Albumveröffentlichung und da kamen wir raus und die Leute haben alle Songs mitgesungen. Joe Cocker war auch krass, aber das war einfach eine andere Generation im Publikum. Bei Elton John war alles eher anstrengend, weil das recht spontan war. Da haben wir dann oft zehn Minuten nach Einlass gespielt, so dass die Leute erst so nach und nach reinkamen - die Konzerte waren dann zwar auch überraschend gut, das muss man aber nicht jeden Tag haben.
X: Hast Du Elton John kennen gelernt??

TB: Nee. War aber auch nicht so wichtig!
X: Zum Abschluss die Frage, was denn nun in Mail #148 stand?

TB: Boah, ich krieg so viele Mails, keine Ahnung…
(er hat die Frage nicht verstanden, egal… Anmerk. d. Verf.)


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