Kalt, feucht, dunkel

Thomas Vinterberg taucht in „Kursk – Niemand hat eine Ewigkeit“ mit seinem ungewöhnlichen U-Boot-Drama ab.

Wenn die historischen Hintergründe nicht so schrecklich wären, könnte dies das perfekte Kontrastprogramm zu dem hochsommerlichen Starttermin sein: kühl, feucht und ziemlich düster. Was im August 2000 in der Barentsee in 108 Metern Tiefe (und an der Meeresoberfläche) passierte und 118 Seemännern das Leben kostete, hat der einstige Dogma-Mitbegründer Thomas Vinterberg in seinem bis dato Cineplex-affinsten Film zu einem eher ungewöhnlichen U-Boot-Drama verarbeitet. Ganz ohne Feindbeschuss ist es hier nämlich ein eigener Torpedo „mit erhöhter Temperatur“, der noch im Laderaum des Atom-U-Boots „K-141 Kursk“ explodierte und eine sowohl diplomatische als auch menschliche Tragödie einleitete.
Vinterberg vertraut dabei neben einem bunten europäischen Cast (darunter auch der schnell das Zeitliche segnende Matthias Schweighöfer) wieder auf den Belgier Matthias Schoenaerts, der Jürgen Prochnow aus „Das Boot“ mit seiner Performance den Rang als ultimativer U-Boot-Autorität den Rang abläuft. Den dramatischen Szenen im Überlebenskampf der letzten 23 Besatzungsmitglieder (Sauerstoffmangel, Kälte, eindringendes Wasser) stehen das Bangen die diplomatischen Versuche für eine internationale Unterstützung der Rettung in nichts nach. Denn so frostig wie das Meerwasser sind auch die Reaktionen der russischen Generäle, die wider besseren Wissens die Hilfeangebote der Norweger und Briten ablehnten und damit eine mögliche Rettung der Überlebenden verhinderten.
Noch mehr aber setzt Vinterberg seinen Fokus auf die Hinterbliebenen, die zunehmend vehement gegen die zögerliche Informationspolitik der russischen Marine aufbegehren. Allen voran Lea Seydoux, die sich als hochschwangere Frau des Kapitäns Mikhail Averin im melodramatischen und emotional bewegendsten Strang des Films die Lügen nicht länger gefallen lassen will. Die Kritik an den Institutionen zeigt Vinterberg über das eigentlich vermeidbare menschliche Leid und hält damit den klischeebeladenen Ost-West-Konflikt halbwegs in Zaum. Eine kluge Entscheidung war es auch bei aller künstlerischer Freiheit, Vladimir Putin, der kurz vor dem Desaster sein Amt als Präsident angetreten hatte, gänzlich außen vor zu lassen. An seiner Stelle ist Max von Sydow zu sehen, der als überforderter und eigentlich bemitleidenswerter Befehlshaber einer heruntergekommenen Macht die Verachtung des Volkes zu spüren bekommt: Wer das Wohl seiner Untergebenen aus Kalkül und falschem Stolz vernachlässigt, hat keinen Respekt verdient.
Tiefsee-Drama vom Dogma-Erfinder

Statement des Regisseurs Thomas Vinterberg:
„Der Film behandelt naturgemäß politische Themen und er bietet eine wunderbare Liebesgeschichte. Vor allem aber eröffnet sich die großartige Möglichkeit darüber zu reflektieren, was passiert, wenn die Zeit knapp wird.“

Kursk – Niemand hat eine Ewigkeit
BEL/F/N 2018
R: Thomas Vinterberg
D: Matthias Schoenaerts, Lea Seydoux, Colin Firth
S: 11. Juli
www.wildbunch-germany.de


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